Irland 1996: 
IRL: "Eine Fahrradtour in Irland, die hauptsächlich entlang der Küsten geführt hat - Nordirland, Donegal, Clare, Dingle-Halbinsel, Killarney, Beara, dann entlang der Südküste nach Wexford" 
von Dieter Pinell                    
Reisezeit: 30. April bis 01. Juni 1996
Verkehrsmittel: Hercules Tourenfahrrad mit Reiseausstattung
Dies ist Dokumentation einer einmonatigen Fahrradtour, die mich von Dublin durch das irische Mittelland über Trim nach Belturbet, dann über Armagh und die Täler von Antrim an die nordirische Küste führte. Über Londonderry und Letterkenny erreichte ich Donegal.
Nach einem Busintermezzo startete ich in Galway über Lisdoonvarna zur Shannonfähre. Dann Tralee, Dingle, Killarny und die Beara Halbinsel. Über Bantry, Skibereen, Cork, Waterford bis Wexford und zum Schluss wieder per Bus nach Dublin.

Dienstag, 30. April 1996:

Gegen 17.00 starte ich mit dem Auto gen Düsseldorf. Mein Schwager Gisbert fährt mit, um den Wagen von dort wieder heim zu chauffieren. Um 18.30 Uhr sind wir im Parkhaus des Flughafens. Hier am Düsseldorfer Airport ist nach der Brandkatastrophe vom 11. April alles improvisiert. Ich muss das Fahrrad und das Gepäck erst mal einzeln über eine Treppe hinuntertragen, da das Rad nicht in den Aufzug passt.

Es geht in die Abfertigungszeltstadt. Nach kurzer Diskussion ist die Dame am Schalter von Air Lingus davon überzeugt, dass der Fahrradtransport bereits gebucht und bezahlt ist. Bei der Ausreise und dem Sicherheitscheck gibt es keine Probleme, ich muss noch eine halbe Stunde im Wartezelt ausharren.

Gegen 19.40 werden wir in einen Omnibus verladen, dann geht es ein paar Meter über das Vorfeld zur wartenden Maschine, einer Boing 737-400. Die Maschine startet pünktlich, nach wenigen Metern durchbrechen wir die Wolkendecke - keine Bodensicht. Es gibt nur ein Miniabendessen, dazu Kaffee, später dann ein Bier. Um 20.30 Ortszeit, nach 1,5-stündigen Flug schweben wir von Westen in Dublin ein. Bei der Gepäckausgabe sind die Taschen zuerst da, dann wird auch das Fahrrad gebracht. Alles heil geblieben. Ich montiere die abgeschraubten Pedale wieder an und stelle den verstellten Sattel und Lenker wieder ein, dann werden die Gepäcktaschen festgemacht. Ich bin der letzte unseres Fluges, der die Halle verlässt. Die Zollbeamten grüßen freundlich. In der Flughafenhalle gehe ich direkt zur Touristeninfo, wo ich mir ein B&B-Zimmer im Norden Dublins vermitteln lasse. Ich kaufe noch Landkarten und einen neuen Butget-Reiseführer. Dann geht’s los. Draußen erwartet mich ein milder Frühlingsabend mit dem letzten Tageslicht. Es ist 21.30 Uhr. Die Wegbeschreibung der Dame vom TI ist so gut, dass ich nach einer Stunde am Liffey-River lande, also mitten in der Innenstadt. - Viel zu weit südlich. Ich radele zurück und finde gegen halb zwölf endlich meine Unterkunft. Die Gastgeberin erwartet mich freundlich.

Mittwoch, 1. Mai:

In Irland ist das kein Feiertag! Gegen 8 Uhr stehe ich auf und mache mich fertig. Das komprimiert gepackte Gepäck wird nun umverteilt, der Schlafsack und die Regenkleidung in separaten Taschen untergebracht. Während ich um halb neun frühstücke, regnet es in Strömen. Gegen halb zehn starte ich im Nieselregen zur ersten Etappe. Ich radele durch die nördlichen Vororte gen Westen. Nach gut 10 km gibt’s den ersten starken Schauer. Es ist mit nur 7° C ziemlich kalt. Mittags mache ich in einem Pub in Dunboyne eine Aufwärmpause. 2 Guinness, eine Suppe, Sandwiches. Ich beginne, den "Medicus" zu lesen. Es geht weiter. In Summerhill mache ich die nächste Regenpause im Pub, dann sind es noch 10 km bis Trim. 5 km weiter löst sich die Schraube der rechten Tretkurbel, Ein Defekt vom letzten Jahr, der nicht sauber repariert wurde. Auf dem restlichen Weg nach Trim muss ich noch 5mal anhalten und die Schraube nachziehen. In Trim gibt es nur wenige B&B - es dauert eine geraume Zeit bis ich eine freie Unterkunft gefunden habe. Meine nassen Sachen breite ich im ganzen Zimmer aus, dann geht es in die Stadt zur Auskundung. Trim wird durch eine mächtige Burgruine geprägt, die 1995 als Kulisse fuer Mel Gibsons Film ,Braveheart" diente. Im Ort finde ich den schon geschlossenen Fahrradladen und natürlich ein paar Pubs. Es regnet immer noch.

Donnerstag, 2. Mai:

Da das Wetter am Morgen noch immer nicht besser ist, informiere ich meine Gastgeberin, dass ich eine weitere Nacht bleibe. Nach dem Frühstück schiebe ich mein Rad in die Stadt. Gegen 10 Uhr ist der Fahrradladen geöffnet. Ein älterer Ire räumt ein wenig um, dann schieben wir mein Rad in die Werkstatt. Zum Glück hat er eine passende Ersatztretkurbel. Die alte Alukurbel ist an der Vierkantaufnahme total ausgeschlagen. Die Montage dauert 5 Minuten und kostet mich umgerechnet 18 DM für die Kurbel und 1,50 DM als Arbeitslohn. Inzwischen hat der Regen aufgehört, den Rest des Tages wird es trocken bleiben. In der TI bleibe ich fast 1 Stunde, der Mitarbeiter dort hat viel Zeit zu einem Meinungsaustausch. Ich weiß nun alles über die Stadt und nutze den Rest des Tages um zwischen 2 Pubbesuchen die Highlights des Ortes zu besichtigen. Zum Glück ist der "Medicus" immer dabei. Am späten Nachmittag kaufe ich ein paar Dosen Bier und ein Abendessen ein und gehe zurück zur Unterkunft, wo ich dann ein wenig weiterlese. Gegen 1 Uhr nachts habe ich den "Medicus" abgehakt.

Freitag, 3.Mai:

Oh Wunder! Sonne!. Die 2. Etappe soll mich von Trim bis zum Hostel von Ballyconnell bringen, wo ich noch ein paar Fotos von 1990 abgeben muss. Nach 15km, kurz vor Athboy, klingelt das Handy. Der abgesprochene Kontrollanruf von Gisbert. Am frühen Nachmittag besichtige ich ein steinzeitliches Ganggrab auf einem Hügel südlich von Oldcastle. In Oldcastle ist der erste Großeinkauf von Lebensmitteln zur Selbstversorgung angesagt. Kaffee, Brot, Butter, Nutella usw. Nach 90 km erreiche ich Killashandra. Erinnerungen an 1990 werden wach. 12 km weiter dann das ,Sandville House"-Hostel. Die Familie freut sich über das Wiedersehen und die mitgebrachten Fotos. Ich bin so erschöpft, dass ich nur noch 3 Dosen Guinness und ein selbstgekochtes Nudelessen einwerfe, dann geht’s in die Falle.

Samstag, 4.Mai:

Ich schlafe bis kurz vor Neun. - Ein Fehler, denn nette frühaufstehende Zeitgenossen haben mir meinen Käse und Schinken weggegessen und meine halbe Butter verbraucht. Unfassbar. Ich nehme ein verärgertes Nutella-Frühstück ein. Die beiden ersten Etappen hatten mich nordwestlich zum River Erne geführt, nun wechsle ich die Fahrtrichtung um 90°. Ich erreiche Belturbet und kurz darauf überquere ich erstmals die Grenze zu Nordirland. Nur auf irischer Seite steht ein Polizist, der stichprobenartig kontrolliert. Nach 5 Kilometern bin ich wieder in der Republik, 4 km weiter wieder in Nordirland, nach weiteren 4 km wieder in der Republik, wo erneut die Garda kontrolliert. Ich als Radfahrer bleibe wie immer ungeschoren. In Clones besuche ich einen mittelalterlichen Rundturm, der einmal zu einem Kloster gehörte. Auf dem Marktplatz steht ein gut erhaltenes, mit biblischen Motiven verziertes Hochkreuz aus dem 10. Jahrhundert. Am Nachmittag mache ich meine obligatorische Samstagnachmittag-Kurzwellenpause - die Bundesligaschlussminuten via Deutsche Welle, dann erreiche ich Monaghan. Hier ist der Bär los, ein Festival. Auf einer Bühne spielt eine Rockband. 10 km weiter reise ich zum 3. Mal nach Nordirland ein. Die Garda beachtet mich nicht, auf britischer Seite kommt nach 2 km ein gepanzerter Checkpoint - unbesetzt. Am frühen Abend erreiche ich die Bischofsstadt Armagh mit einer schönen Stadtsilhouette. Es dauert ein wenig, bis ich mich zu einem B&B durchgefragt habe. Im ersten Pub gefällt es mir nicht, im 2. spielt eine Band. Ich bleibe bis 1 Uhr nachts.

Sonntag, 4. Mai:

Beim Start am Morgen scheint die Sonne. Ich erwische am Ortsausgang die falsche Nebenstraße, ein Umweg von 5km ist angesagt. Hinter Moy ziehen Wolken auf, kurz darauf rette ich mich unter eine halbabgerissene Brücke und warte ein halbes Stündchen auf trockenes Wetter. Die Sonne kommt wieder raus, es geht weiter. Ich radele Richtung Westufer des Loch Neagh.

Dort erwischt mich der nächste kurze Schauer, vor dem ich unter großen Bäumen halbwegs geschützt kapituliere. In Ardee steht neben einem Friedhof, direkt am Seeufer ein guterhaltenes Hochkreuz. 

Ein paar Kilometer weiter der nächste Schauer, den ich im Eingangsportal einer Schule abwarte. Ich erreiche Toome an der Nordwestecke des Lough Neagh und wechsle auf die Nebenstrecke nach Ballimena. Während ich eine lange Steigung emporklettere, verfinstert sich wieder der Himmel. Kaum habe ich etwa 15 Kilometer vor Ballimena die höchste Stelle passiert, da geht ein Wolkenbruch über mir nieder. Wassermassen und Hagelkörner prügeln auf mich ein. Die Straße ist ein einziger Bachlauf, das Wasser kommt nicht nur von oben, sondern auch vom Vorderrad hochgespritzt von unten. Als ich Ballimena erreiche, lässt der Regen nach.

Am Ortseingang ist ein "Take-Away". Den ersten Menschen, der dort herauskommt, frage ich nach einem B&B. Er versucht mir zu erklären, wo ich eine Unterkunft finden kann, bietet mir dann an, mit dem Auto vorauszufahren. Ich folge seinem Ford Fiesta und habe 10 Minuten später ein Dach über dem Kopf. Als ich abends die Stadt erkunde, hat der Regen aufgehört.

Montag, 5. Mai:

Ich verlasse Ballimena auf der Straße nach Glenariff. Die Straße führt gleichmäßig bergan, von ca. 60 auf 320 Höhenmeter. Es ist kühl, aber trocken. Auf den letzten Metern zum höchsten Punkt muss ich schieben, dabei erwischt mich ein Hagelschauer. Die Abfahrt führt mich durch das Tal von Glenariff. Es soll das schönste der ,Täler von Antrim" sein.

Inzwischen haben sich die Wolken verzogen. Die Sonne bringt Wärme und einen strahlendblauen Himmel mit sich. In diesem Moment weiß ich noch nicht, dass das Wetter nun 14 Tage gut bleiben wird... 

Die Straße führt anfangs durch Wald, doch bald finden sich hinter jeder Kurve neue tolle Ausblicke auf das Tal und die seitlichen Berge, Wasserfälle und irgendwann dann auch auf den ,Mull Of Kintyre", die Südspitze dieser schottischen Halbinsel. Schottland scheint zum Greifen nah. Die Fernsicht ist super. Hinter der Kintyre-Halbinsel kann ich die Gebirgsgipfel der Arran-Insel erkennen. In Glenariff erreiche ich zum ersten Mal in diesem Urlaub das Meer. Ich teste mit der Hand die Temperatur der irischen See -Brrrr...
Die Straße führt direkt am Meer entlang nach Cushendall. Dann geht es über ein weiteres Tal der ,Glens Of Antrim" nach Cushendall, wo ich eine längere Pause einlege. 

Meine weitere Streckenplanung sieht nun vor, die Panoramastrasse zum Torr-Head zu radeln, dem Punkt, an dem sich Irland und Schottland mit 19 km Abstand am nächsten sind. Ich montiere den Höhenmesser wieder am Lenker, dann geht es los. Zuerst einmal schiebe ich von Meereshöhe auf 100m einen steilen Berg hinauf, dann geht es wieder 50m tiefer und noch mal 90 Meter hoch auf 140 Meter. Nun folgt eine Passage, die ein wenig wellig ist, immer wieder geht es ein paar Meter hoch und wieder runter. Dann ein steiler Abstieg (17%) auf 90 Meter und nun heißt es ein paar Kilometer wandern bis auf 220Meter. Ich fühle mich gut und genehmige mir eine Dose Cola. Langsam, die Bremsen voll angezogen, lasse ich mich den steilen Berg zum Torr-Head hinunterrollen.

Als ich 10 Minuten später unten ankomme, rumort mir der Magen und mir wird schwarz vor Augen. Kalter Schweiß dringt mir aus allen Poren - eine Katastrophe. Ich lasse Torr-Head rechts liegen und erklimme schiebend im Schleichtempo den nächsten und wie ich weiß, letzten 150 Meter-Berg. Oben lege ich mich erstmal 20 Minuten ins Gras, dann fahre ich weiter. Noch 10 km bis Ballycastle. Am Ortseingang liegt das Hostel. Ich checke ein, zum Glück bekomme ich ein Einzelzimmer. Ich schmeiße mich aufs Bett und penne zwei Stunden, dann schaffe ich es gerade noch bis zum Waschbecken, wo ich meinen Mageninhalt rückwärts entleere. In der Nacht bekomme ich Durchfall.

Dienstag, 6. Mai:

Den Tag verbringe ich schlafend. Ab und zu koche ich mir in der Küche Tee oder besuche die Toilette...

Draußen ist herrlichstes Sonnenwetter und ich feiere krank.

Mittwoch, 7. Mai:

Zur Freude des Herbergspersonals bin ich wieder halbwegs fit. Ich packe meine Siebensachen und verlasse direkt vom Hafen aus auf der Küstenstraße den Ort. Zwei Nächte in einer Stadt, aber nichts davon gesehen.

Nach 10 Kilometern erreiche ich die Carrick-A-Rede- Rope-Bridge, eine denkmalgeschützte schmale Hängebrücke, die zu einer kleinen Insel führt. Es ist wie immer kühl, aber die Sonne scheint. Das Fahrrad lasse ich am Besucherzentrum stehen. Über einen schmalen Pfad geht es zu Fuß die Klippen entlang ca. 1 km zur Brücke. Ich verweile hier nicht lange, denn ein Highlight meiner Tour erwartet mich.

Wiederum 10 km weiter liegt der Giant's Causeway. Vom Visitorcenter aus führt eine kleine Straße hinunter zu diesem 8. Weltwunder. Geometrisch angeordnet Basaltblöcke sind hier zu einer nie gesehenen Steinformation angeordnet, die der Sage nach ein Riese auf seinem Weg zu seiner schottischen Freundin hier angelegt hat. Der Himmel und das Meer sind blau, ich bin überwältigt von der Schönheit dieser geologischen Einzigartigkeit. Nach einer Pause im Besucherzentrum radele ich in die 4km entfernte Stadt Bushmills. Gegen 15 Uhr bin ich beim Empfang des hier ansässigen lebensmittelproduzierenden Betriebes. Etwa 1 Stunde dauert die Besichtigung der ältesten zugelassenen Whiskeybrennerei der Welt, dann gibt es noch einen Probeschluck. Zum Glück hatte ich heute nur 44 km bis zur nächsten Übernachtung geplant, da ja soviel Besichtigenswertes am Wege lag. Auf den letzten 15 km bis Portstuart merke ich dann doch die konditionellen Folgen der 36stuendigen Zwangspause. Die Straße führt direkt am Meer entlang. Eine Burgruine (Dunluce Castle), Klippen, lange Sandstrände bieten immer wieder neue phantastische Ausblicke. Das Hostel von Portstewart liegt direkt am Meer.

Donnerstag, 8. Mai:

Für heute ist die längste Tagesetappe eingeplant. Ich verlasse Portstewart entlang des Flusses Bann. Über die erste Straßenbrücke in Coleraine wechsle ich auf die Westseite. Dann folge ich weiter der Küste. In Downhill besuche ich den "Mussenden Temple" mit Statuen und griechisch gestylten Toren, dann geht es kilometerweit am Fuße der Klippen am Meer entlang. Bei Limavady erreiche ich die stark befahrene Nationalstrasse nach Londonderry.

Zu meinem Glück bläst der kühle Wind von Nordost und läßt mich eine ungeahnte Geschwindigkeit erreichen. Am Nachmittag erreiche ich Londonderry, die zweitgrößte Stadt Nordirlands, die während der Troubles 1968 unrühmliche Geschichte gemacht hat.

Jetzt, wo es ruhig geworden ist in Nordirland, ist Derry fast eine ganz normale britische Kleinstadt. Nur die Befestigung der öffentlichen Gebäude erinnert an noch gar nicht so lange zurückliegende Zeiten. Während ich beim Hineinfahren in die Stadt die reichen, protestantisch geprägten Viertel durchradelt habe, verlasse ich den Ort nach Südwesten durch ein ärmliches katholisches Viertel - welch ein Unterschied.

10 Kilometer südwestlich verlasse ich Nordirland. Ich bin im County Donegal, der irischen Nordwestecke, die ich in den nächsten Tagen umrunden werde. Nun sind es noch einmal 25 km bis Letterkenny.

In Letterkenny suche ich das Hostel, dann ziehe ich mit einem Radler aus München, den ich dort treffe, in den nächsten Pub.

Freitag, 9. Mai:

Von Letterkenny radele und schiebe ich nun nördlich über Miltown nach Carrigart, wo ich meine Mittagspause einlege, Ab hier folgt die Straße der Küste. Der blaue Himmel, das blaue Meer, dazu grüne Wiesen, Felsen und braune Moorgebiete faszinieren mich.

Am Abend muss ich nördlich von Derrybeg einen Berg des Bloody Foreland überqueren. Durch die Abendsonne scheint der kahle braune Berg wirklich blutrot zu sein, während ein paar hundert Meter der Ozean dunkelblau schimmert.

Als die Straße sich kurz darauf nach Süden wendet, weitet sich die Landschaft und gibt den Blick frei auf hunderte einzeln stehender weißer Häuser bis zum Horizont, die in dieser rotbraunen Landschaft stehen. Jetzt weiß ich plastisch, was der Reiseführer mit landschaftsprägenden Streusiedlungen gemeint hat. Das Hostel liegt etwas außerhalb von Derrybeg. Zwei Schlafräume, Küche, Bad, Fernsehraum, mitten auf einem Golfplatz in den Dünen.

Samstag, 10. Mai:

Als ich morgens starte, ist es bewölkt und kühl. Ich folge kontinuierlich der Küste über Gweedore nach Dungloe. Unterwegs gibt mir ein schottischer Radler einen Tip fuer das heutige Hostel. Irgendwann treffen mich ein paar Regentropfen, aber der zugehörige Schauer geht einige Meter weiter nieder. Am Nachmittag verfinstert sich für ein paar Minuten meine gute Laune - Bayern hat in Schalke verloren, Dortmund ist Meister. Im Hostel von Glenties treffe ich die Freunde des Mannes aus Schottland vom Vormittag.

Den Rest des Abends verbringe ich mit Fernsehen und Wäsche waschen.

Sonntag, 11. Mai:

Es geht zuerst flach bis Ardara. Zwei km hinter dem Ort zweigt rechts eine Nebenstraße nach Glencolumbcille ab, die über den 220m hohen Glengesh-Pass führt. Zuerst steigt die Straße flach an, erst als die Steigung über 10% wird, steige ich ab und schiebe. Auf der Passhöhe ist es kalt. Ein kurzer Hagelschauer ist auch nicht so toll.

Minuten später bin ich auf der anderen Seite aber schon wieder im Trockenen und die Sonne scheint, als wäre nichts gewesen - Irland. Auf einsamer Straße radele ich nun durch ein Hochtal gen Südwest. In der Ferne sieht man den 600m hohen Sleave Leage, die höchste Klippe Europas.

In Glencolumbcille mache ich Rast im Folkmuseum, wo ich auch meine schottischen Freunde wiedertreffe, die ihre Fahrräder im Bus hierhergebracht haben und nun nach Glenties zurückradeln. Ich aber umradel den Sleave Leage und erreiche bald das Hostel von Kilcar.

Montag, 12. Mai:

Eine Kurzetappe. Über Killybegs radel ich die Küste entlang in die Stadt Donegal, wo ich am frühen Nachmittag eintreffe. So habe ich genug Zeit fuer Besichtigungen und Einkäufe. Am späten Nachmittag treffe ich die Schotten wieder, die ab hier den Bus zum Flughafen Sligo nehmen wollen.

Im nächsten Pub nehmen wir ein Abschieds-Guinness ein.

Dienstag, 13. Mai:

Heute muss es morgens schnell gehen, denn um 9.45 Uhr fährt mein Bus ab. Da mein Zeitplan inzwischen um 4 Tage hinterherhinkt, habe ich mich entschieden, aus der Reise kein Radrennen werden zu lassen. Ich werde daher die Strecke zwischen Sligo, Westport und Connemara, die ich bereits 1990 geradelt bin, mit dem Bus überbrücken.

Mein armes Fahrrad landet mitsamt den Taschen im hinteren Gepäckraum des Busses und wird nun über die miesen irischen Straßen geschüttelt. In Sligo macht der Fahrer eine 20minuetige Pause, kurz nach 13 Uhr bin ich in Galway.

Mit Ingrid aus dem Schwarzwald, die in Galway studiert und mit der ich 2 Tage lang abends immer im gleichen Hostel zusammentraf und nun von Donegal aus nach Galway gefahren bin, verabrede ich mich für den Abend. Ich komme in einem Einzelzimmer des Kinley-Hostels unter. Das Fahrrad wird mit allen 3 Schlössern im 100m entfernten Abstellraum angekettet... Sicher ist sicher!

Galway ist eine schöne Hafenstadt mit vielen Cafés, Pubs, Geschäften, Museen, Kirchen und schmalen Gassen. Zum ersten Mal seit 2 Wochen bekomme ich eine deutsche Zeitung in die Finger. Ach ja, ab hier blüht der Tourismus. Mit Ingrid und ihren Freunden treffe ich mich abends im Café. Gegen 10 wechseln wir dann in eine Musikkneipe, kurz vor Toresschluss gegen elf dann in die nächste... Um halb eins wollen die anderen noch in einen Club. Ich verabschiede mich höflich und herzlich...

Mittwoch, 14. Mai:

Nach 2 ruhigen Tagen endlich wieder eine richtige Etappe. Entlang der Bucht von Galway radel ich zuerst auf der Nationalstrasse, bald dann auf Nebenstraßen nach Kinvara. Witzig, dass ich dreimal an verschiedenen Orts- bzw. Dorfenden dem gleichen Tramper zuwinken kann. Sorry, kein Platz...

In Kinvara steht das Dunguire-Castle, in dem mittelalterliche Bankette abgehalten werden. Ich verlasse den Ort gen Westen und radele entlang der Küste. Bald treffe ich auf den Beginn des Burren, einem Kalksteinplateau, das hier die Nordwestecke der Halbinsel bildet.

 In Ballyvaughan verlasse ich nach der Mittagspause die Küste und folge der Straße über den Corkscrew-Hill mitten durch das Burren-Gebiet nach Lisdoonvarna.

Kurz darauf bin ich wieder nahe der Küste. Ich passiere Doolin, das Dorf mit den berühmten Musikpubs, dann steigt die Straße wieder an zu den Klippen von Moher. Keine Wolke ist am Himmel, als ich mein Fahrrad am Besucherzentrum abstelle und zur Klippenkante hinübergehe, die nur 200mentfernt liegt.

Während die reichlich vorhandenen Normaltouris nach rechts die Stufen zum o`Brians-Tower erklimmen, halte ich mich zu den Klippen linker Hand. Ich will mit der Sonne im Rücken fotografieren. Vorsichtig überklettere ich die Steinplatten, die hier als Absperrung dienen und krieche zum Rand. Mein Höhenmesser zeigt 190m an. Direkt unter mir spritzt die Gischt des Atlantiks, zum Greifen nah liegen die Aran-Inseln nur knapp 10 km vor der Küste. Die Abendsonne färbt die Klippen rot und das Wasser königsblau.

Vom Besucherzentrum führt die Straße hinter der Klippenlinie sacht abwärts nach Süden, dann südost nach Liscanor. Es geht an den Dünengolfplätzen vorbei nach Lahinch. Im Hostel teile ich das Zimmer mit Daniel, einem Schweizer aus Bern und 2 Engländern.

Donnerstag, 15. Mai

Die Engländer haben heute Nacht bei der Rückkehr randaliert. Wir nehmen Rache, indem wir lautstark unsere Sachen packen. Daniel und ich haben gemeinsam gefrühstückt, nun radeln wir erst mal gemeinsam los.

Nach 15km erreichen wir den ,Spanish Point", wo vor 500 Jahren viele Tote der Armada-Schlacht angetrieben wurden. Auf einem Gedenkstein lesen wir, dass auch der spanische König, Juan Carlos" schon hier war. An Daniels Fahrrad repariere ich mit Hilfe eines Kabelbinders und Isolierband eine auf dem Flug gebrochene Gepäcktraegerstrebe.

Eine halbe Stunde später trennen sich Daniels und meine Wege. Er nimmt den direkten Weg zur Shannonfaehre, ich folge erst mal weiter der Küste. In Kilkee mache ich Mittagspause, dann radele ich über Kilrush ebenfalls zum Fähranleger nach Killimer.

Um 18.30 Uhr schiebe ich mein Rad auf die Fähre über die Shannonmündung, kurz vor sieben bin ich am Südufer des Shannon in Tarbert.

Ich such mir ein B&B, dann geht’s in den Ort zum Essenfassen. Das einzige Restaurant hat schon zu, da bleibt nur noch die örtliche Imbissbude. Während ich mein ,Fish&Chips" -Mahl einnehme, betritt ein junger Mann den Laden, den ich aufgrund seines Reiseführers als Deutschen identifiziere. Wir kommen ins Gespräch, dann genehmigen wir uns gemeinsam ein paar Guinness. Danach wollen wir zu Fuß in Richtung unserer B&Bs starten. Als wir gemeinsam vor dem Haus ankommen, in dem ich mich einquartiert habe, stellen wir fest, dass auch er dort wohnt...

Freitag, 16. Mai:

Auf Nebenstraßen verlasse ich Tarbert und radel nach Ballylongford, wo ich am Ortsrand eine Klosterruine besichtige. Im Postamt kaufe ich 50 Briefmarken - Postkartenverpflichtungen. Dann geht es auf einsamen Straßen weiter nach Abbeydorney. Die Straße führt am mittelalterlichen Rundturm von Rattoo vorbei.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Tralee, die Hauptstadt der Grafschaft Kerry. Ich checke im Hostel ein, dann mache ich eine Besichtigungs- und Einkaufsrunde. Der Himmel hat sich zugezogen und es gibt ein paar Schauer. Interessant ist das County-Museum mit einer geschichtlichen Ausstellung im Obergeschoß und einer rekonstruierten Marktstraße des mittelalterlichen Tralee im Kellergeschoß, durch die man wie in einer Geisterbahn gefahren wird. Besonders gefallen hat mir die Sonderausstellung zur Telekommunikation. Den Abend verbringe ich mit ein paar Deutschen im Hostel.

Samstag, 17. Mai:

Beim Anfahren am Morgen reißt mir direkt vor dem Hostel in Tralee die Kette. Ich montiere die Ersatzkette. Dann radele ich weiter gen Westen. Die Straße führt an der Nordküste der Dingle-Halbinsel entlang. Die neue Kette ist zu lang und bereitet mir Schaltprobleme.

Nach 35 km bin ich am Fuße des Connor-Passes angelangt, dem höchstgelegenen Straßenpunkt in Irland. Noch befinde ich mich praktisch auf Meereshöhe, die Straße steigt nun über 8 km auf 456m über NN an. Ich montiere den Höhenmesser am Lenker, nehme ein paar Schokoriegel und reichlich Wasser zu mir und trage Sonnenöl auf, denn die Sonne bietet keinen Schatten.

Es geht erst mal 3 km halbwegs flach bis auf 80m, dann beginnt die Steigung. Ich schalte in den kleinsten Gang und schleiche die Bergstraße hinauf. Ab und zu überholt ein Auto oder kommt mir entgegen, ein paar mal halte ich an, mache Fotos und trinke Wasser. Nach einer Stunde bin ich auf 330m. Die Sonne ist verschwunden, es beginnt zu nieseln. Ich kämpfe mich weiter.

20 Minuten später zeigt mein Höhenmesser 450m und ich bin schon oben am Aussichtspunkt auf der Passhöhe. Das Thermometer zeigt 6°, ein eisiger Regen wird durch den böigen Wind von Südwesten her über den Pass gedrückt. Da schleppe ich extra die Thermoskanne mit heißem Wasser hier herauf, um eine ordentliche Kaffeepause auf dem höchsten Punkt meiner Reise zu machen und entscheide nun, den ungastlichen Ort ohne lange Pause wieder zu verlassen. - Bloß nicht zu sehr auskühlen.

Auf der glitschigen steilen Straße lasse ich mich nach Süden rollen. Ab und zu halte ich an und überprüfe die Bremsen und die Erhitzung der Felgen. kurz vor Dingle wird die Straße über einen steilen Schotterfeldweg umgeleitet. Die Hände schmerzen vom Dauerbremsen und Dauerregen.

In Dingle rette ich mich erst mal in den nächsten Pub zum Aufwärmen. Am späten Nachmittag radele ich zum Hostel, das 2km außerhalb liegt Richtung Killarney. Hier treffe ich mich verabredungsgemäß mit Frank aus Kassel, der heute morgen mit mir in Tralee gestartet ist, aber auf seinem Motorrad ein wenig besser durchgekommen ist. Abends, als wir an der Bucht entlang in die Stadt zum Pub gehen, scheint wieder die Sonne. Um 23.30 Uhr hat die Herbergsleitung einen Pub-Bus-Abholdienst organisiert.

Sonntag, 17. Mai:

Morgens ist Basteln angesagt. Zuerst einmal kontrolliere ich die Kette. Der Umwerfer ist ein wenig ausgeschlagen und sitzt nicht mehr gerade. Ich kürze die neue Kette, schraube hier und da ein wenig und öle die Gelenke, dann sieht das Ganze schon besser aus. Anschließend montiere ich noch am Hinterrad neue Bremsbeläge. Ich radele in die Stadt. 

Dingle ist die westlichste Stadt Europas. Heute nachmittag toure ich ohne Gepäck, nur mit Notausrüstung, entlang der Felsenküste zum ,Slea Head" und zu den Blasket Islands. Die Sonne scheint, das Meer ist strahlendblau und absolut ruhig als ich auf der schmalen Straße den westlichsten Punkt Europas erreiche. Am Wegrand liegen Sandstrände und kleine Buchten. Die Straße führt dann über Steilklippen und an von Schafen bevölkerten Weiden entlang. Es gibt ein steinzeitliches Fort und Hunderte kleiner Bienenkorbhütten zu besichtigen. Die Fernsicht ist phantastisch. Südlich liegt die Iveragh-Halbinsel, auch ,Ring Of Kerry" genannt, weit draußen im Atlantischen Ozean kann ich die Skellig-Inseln erkennen.

Kurz hinter Dunquin zieht eine sich abregnende schwarze Regenwolke vorbei. Die Straßen sind nass, ich aber bleibe trocken. Ein paar Kilometer weiter liegt in einem Feld eine 1000 Jahre alte Steinkirche, die wie ein umgedrehtes Schiff aussieht, das ,Gallarus Oratory". 

Nach der Besichtigung radele ich auf dem direkten Weg über einen Hügel zurück nach Dingle, denn ich hab` heute noch etwas anderes vor. Dingle`s Touristenattraktion ist seit 12 Jahren ein freilebender Delphin, Fungi, der hier in der geschützten Bucht lebt. Tagsüber ist er meist in der Bucht bei den Ausflugsbooten zu sehen, abends soll er sich nahe des Hostels in der Nähe eines ruhigen Strandes abseits der Stadt und den Touristen aufhalten.

Kurz nachdem ich den Strand erreicht habe, habe ich auch schon Glück. Einige Minuten lang taucht Fungi immer wieder an verschiedenen Stellen auf. Ich schaffe es, ein paar Fotos von ihm zu schießen. Das Wetter wechselt an diesem Abend aprilmäßig immer wieder zwischen Sonne und Regenschauern.

Montag, 18.Mai:

Stabile Wetterlage! Es ist kalt und regnet in Strömen. Ich warte im Hostel bis kurz nach 12 Uhr, aber der Regen hört nicht auf. Das Ziel heute heißt Killarney. Zum erstenmal ziehe ich die komplette Unwetterkleidung an und beschließe die gut 70km mit nur einer Pause durchzuziehen.

Nur Nebel, Wolken und Regen. Entlang der Südküste der Halbinsel radele ich unmotiviert die 42 km durch bis Castlemaine, wo ich mich in einem Pub aufwärme. Kurz vor Killorglin hört der Regen für 1 Stunde auf.

Ich bin nun auf der Iverath-Halbinsel und biege ab ins Landesinnere. Die Wolken geben nach rechts den Blick frei auf die ,Mc Gillycuddy Reeks", eine Gebirgskette, zu der auch der mit 1241m höchste irische Berg gehört. Als ich die Vororte von Killarney erreiche, geht erneut ein Schauer nieder. Klatschnass erreiche ich das Hostel, das am Rand des Nationalparks liegt. Mit einem Paar aus Deutschland radele ich abends in die Stadt, wo wir zwei Musikpubs besuchen.

Dienstag, 19. Mai:

Morgens scheint noch die Sonne, als ich ein Stück durch den Nationalpark in die Stadt Killarney radel. Ich kaufe ein, dann geht es zurück Richtung Killorglin. 7km weiter geht nach links eine Straße ab zum ,Gap Of Dunloe", einem nur für Wanderer, Pferdefuhrwerke und eben auch Radfahrer erlaubten Schotterweg durch einen schmalen Gebirgspass. Es beginnt zu nieseln...

Der Pass steigt erst sacht an, hat dann aber einige kurze, beachtliche Steigungen. Immer wieder kommen mir Wanderer oder Pferdewagen entgegen. Ab und zu fährt ein hier unbeliebtes Auto. (Ein Verbotsschild gab es nicht, es geht also doch.) Nach einigen Kilometern und gut 200 Höhenmetern erreiche ich die Passhöhe und bald darauf auf der anderen Seite den Punkt, wohin die Pferdefuhrwerke die Touristen bringen, die dann mit Booten durch die Seen des Nationalparks wieder nach Killarney gebracht werden.

Ich aber radele den Berg hinunter in ein weites Tal, dem ich nun bergan folge. Der Fluss neben der schmalen Straße bildet hier Wasserfälle und Stromschnellen, dann wieder fließt er kilometerweit durch die von einem Moor überzogene Talfläche. Als ich wegen eines entgegenkommenden Lkws anhalten muss, merke ich, dass die in das Moor geteerte Straße vibriert. Links weit oberhalb am Hang sehe ich das Ausflugslokal am Moll`s Gap. Da muss ich hin. Kurz darauf verlasse ich im stärker werdenden Regen schiebend das Tal. Es ist eine lange steile Straße, die mich hoch zur ,Ring Of Kerry"- Nationalstrasse und zum Moll`s Gap führt. Ohne anzuhalten (ich sehe eh nichts und es ist bitterkalt) mache ich mich auf die Abfahrt nach Kenmare.

Eigentlich hatte ich geplant, heute noch gut 20km weiter auf die Beara-Halbinsel zu fahren, doch das Wetter ist nun so schlecht, dass ich mich entschließe in Kenmare zu übernachten.

Mittwoch, 20. Mai:

Der Regen ist heute angenehm warm. Die Küstenstraße entlang der Beara-Halbinsel ist wirklich toll. Trotz des miesen Wetters habe ich einigermaßen Sicht. Die Nordküste ist einsam, kaum ein Dorf, nur ab und zu mal ein paar Häuser. In Ardgroom mache ich eine lange Pause. Der ,Irish Coffee" wärmt gut.

Als ich gegen 16 Uhr weiter radele hört der Regen auf und bald darauf ist die Sonne zu sehen! Kurz vor Allihies durchquere ich einen kleinen Gebirgszug. 

Immer neue tolle Blicke auf den nicht mehr grauen, sondern von der Sonne blaugefärbten Ozean eröffnen sich mir. In Allihies liegt das Hostel direkt neben 2 der drei Pubs. Schön-schön...

Donnerstag, 21. Mai:

Das Meer ist wieder grau, der Regen heute kalt und unangenehm. Bereits um 11 Uhr morgens sitze ich in Castletownbere im Pub, bin total ausgekühlt, friere und bin ratlos. Ich studiere die Karte und zücke meine Planungsnotizen. Dann fälle ich eine Entscheidung: Wenn’s morgen weiterregnet, nehme ich ab Bantry den Bus nach Cork.

Es geht weiter. Der Regen lässt nach, es nieselt, ab und zu ist es trocken. Glengarriff soll der wärmste Ort Irlands sein. Hier gedeihen sogar subtropische Pflanzen. Heute scheint in diesem überteuerten Touristennest Ruhetag zu sein...

Im 20km entfernten Hostel von Bantry habe ich mich mit Frank verabredet. Ich habe 1 Tag Verspätung... Das Hostel ist voll, auch Frank wurde wegen einer Schulgruppe ausquartiert. Der Warden ist nett und hilfsbereit. Ich weiß nun, wo heute abend Livemusik gespielt wird und dass Frank dort sein wird. Ich suche mir ein B&B und breite meine nassen Sachen quer durch das kleine Zimmer aus. Als ich abends in die Stadt ziehe, scheint eine tolle Abendsonne.

 Im ,Fish&Chips"-Laden treffe ich Frank, wir gehen gemeinsam in den Pub ,1796". Der Musiker spielt alte Hits von den Eagles, Kings, Bob Dylan usw.

Freitag, 22. Mai:

Glück oder Pech für mich, die Sonne scheint, ich darf also weiter radfahren. Am Bantry-Haus vorbei verlasse ich die Stadt. 10km weiter südlich biegt die Straße Richtung Cork ab. Ein Radfahrer aus Cork holt mich ein und wir radeln schwatzend gemeinsam bis Drimoleague.

Während er auf dem direkten Weg gen Cork fährt, radel ich weiter nach Skibbereen, dem südwestlichsten Punkt meiner Reise. Ich treffe hier auf zwei Abiturientinnen aus der Nachbarstadt Arnsberg, die mich auf Englisch ansprechen, ob ich ein Foto von ihnen schießen würde...

Der Wind hat auf West gedreht und ist ziemlich heftig. Die entgegenkommenden Radfahrer kämpfen gegen den Wind, ich aber fahre im Rekordtempo über Leap und Ross nach Clonakilty. 10 km weiter liegt in einem Landsitz abseits des Dorfes das Hostel von Timoleague.

Kein Tropfen Regen heute!

Samstag, 23. Mai:

Das Tagesziel heute heißt Cork. Es ist leicht bewölkt und kühl. Ich verlasse Timoleague entlang der langgestreckten Meeresbucht. Bald darauf erreiche ich die Hafenstadt Kinsale, berühmt für ihre vielen Esslokale.

Nach der Mittagspause breche ich auf gen Norden, verlasse dann bald die Direktroute nach Cork und radele zum weit außerhalb liegenden Fährhafen Corks, dann entlang der Bucht von Osten in die Stadt. Im Kinlay-House bekomme ich gerade noch das letzte freie Bett, den Abend verbringe ich in der Stadt, die ich schon von der letzten Irland-Tour kenne. Hier sollte nach meiner ursprünglichen Planung die diesjährige Fahrradtour enden. Durch die Busetappe habe ich nun noch ein paar Tage Zeit.

Sonntag, 24. Mai:

Kalt und bewölkt, aber trocken. Der Westwind drückt mich auf der Nationalstrasse gen Osten. Ich erreiche Midleton. Ein kleines Nest, in dem fast alle irischen Landweine destilliert werden.

Die alte Midleton-Distille ist zum Besucherzentrum ausgebaut. Die kostenpflichtige Führung ist ganz nett zwar, aber nichts besonderes. Am Ende gibt’s einen Fingerhut voll Jameson zum Probieren. Auf dem Weg aus der Stadt komme ich an der neuen Schnapsfabrik vorbei, die man nicht besichtigen kann.

Mein Weg führt mich über hügelige Nebenstraßen zuerst nach Tallow, dann nach Lismore. In Tallow, wo mich ein kalter Regenschauer erwischt, sind am Sonntagnachmittag alle Pubs geschlossen. In Lismore steuere ich das 2 km außerhalb gelegene Hostel an. Es liegt auf einer Farm und wird von einer Schweizerin geführt.

Montag, 25. Mai:

Sonne! Ich besichtige die beiden Kathedralen von Lismore, dann bin ich einziger Gast im Besucherzentrum, wo mir eine nette Multivisionsschau gezeigt wird. Auf dem Weg aus der Stadt, komme ich am Schloß vorbei. Über Cappoquin schiebt mich der Wind nach Dungarvan. Ich bin nun wieder am Meer und folge den Stränden und Klippen auf- und ab bis zum Badeort Tramore. Am Abend erreiche ich Waterford, die große Hafenstadt am Fluß Suir.

Dienstag, 26. Mai:

Im Nieselregen radele ich aus der Stadt zur berühmten Glasmanufaktur ,Waterford Crystal". Der zweistündige Rundgang durch die Glasfabrik ist sehr anschaulich. Als ich zu meinem Fahrrad zurückkomme, hat der Regen aufgehört.

Ich verlasse Waterford auf einer Nebenstrecke zur Fähre über den Fluß Suir. Nach 10minütiger Überfahrt erreiche ich bei Arthurstown das Ostufer. Heute ist es sehr neblig. Es bleibt zwar trocken, aber ich sehe so gut wie nichts. Auf diesem Streckenabschnitt treffe ich die Entscheidung, die eigentliche Fahrradtour in Wexford abzubrechen. Die letzten beiden möglichen Etappen zurück nach Dublin werde ich morgen mit dem Bus zurücklegen.

Ich habe inzwischen reichlich Muskelprobleme und irgendwie ist nach genau 4 Wochen auch die Lust am Fahrradfahren vorerst verschwunden. In Wexford checke ich in einem B&B ein. Dann gehe ich zum Busbahnhof, um die Abfahrtszeit zu ermitteln. Den Abend verbringe ich in der Stadt.

Mittwoch, 27. Mai:

Nach einem ausgedehnten Frühstück und einem kurzen Einkaufsbummel stehe ich pünktlich am Busbahnhof. Mein Maschinchen und das Gepäck landen im Kofferraum, dann schaukelt uns der Teufelsfahrer durch die wunderschöne irische Landschaft.

Um 14 Uhr bin ich in Dublin. Ich befestige mein Gepäck und radel los, auf der Suche nach einem Bett. 2 Nächte will ich in ein Hostel, die letzte Nacht dann in einem B&B verbringen. Nach längerem Suchen finde ich das von mir ausgesuchte Hostel. Nur noch 16er-Zimmer frei - Nein danke. Ich fahre zum Marlborough-House im Zentrum und bekomme ein Bett in einem 4er-Zimmer. Den Rest des Tages und des Abends streune ich ziellos durch die Stadt.

Donnerstag, 28. Mai:

Nach einem guten Frühstück im Café Kylemore wandere ich am Liffey-Fluss entlang zur St.-James-Gate-Brewery. Ein Besuch des Guinness-Visitorcenters ist Pflicht. Punkt zehn öffnet das Hop-Store-Museum, um 10.02 bezahle ich meinen Obolus an der Kasse. Am Ende des Rundgangs gibt es zwei Halfpints gratis. Gegen 11.30 Uhr wandere ich weiter zum Dublinia-Museum, das in den Nachbargebaeuden der Christchurch untergebracht ist.

Der Rundgang ist vielseitig und die verschiedenen Angebote nehmen viel Zeit in Anspruch. Bis auf die Multimediaschau im großen Saal gefällt es mir sehr gut. Im Eintritt ist der Besuch der Christ-Church-Kathedrale inbegriffen. Hier bleibe ich aber nur 15 Minuten, denn um Punkt 14.30 beginnt im ,Irish Whiskey-Corner" eine Führung durch die alte Jameson-Produktionsstaette.

Die Führung entpuppt sich dann als eintrittspflichtiger 3-Minuten-Vortrag über irischen Whiskey mit anschließendem Werbefilm der Firma ,Pernot-Ricard", zu der alle großen irischen Marken gehören. Es gibt noch den obligatorischen Probeschluck und einen Andenkenverkauf, nach 50 Minuten bin ich wieder draußen - enttäuschend.

Den weiteren Nachmittag nutze ich zum Einkaufen von CDs und Videos. Gegen 18 Uhr geht’s zurück zur Unterkunft. Um 20 Uhr bin ich seit Kilarney im Café Kylemore verabredet mit zwei jungen Damen aus Frankenberg, deren Rückflug schon morgen geht. Mal sehen, ob sie das Café finden... Um kurz nach acht gibt es das erwartete Wiedersehen-Hallo. Wir verbringen gemeinsam den Abend.

Freitag, 30.Mai:

Nach dem Frühstück im Café Kylemore packe ich im Hostel meine Siebensachen und radele aus dem Stadtzentrum. Ich habe mich per Handy bei der netten Dame eingemietet, die am 30. April abends so lange auf mich warten musste. Um 11 Uhr bin ich dort. Das Zimmer ist noch nicht fertig, ich lasse das Gepäck im Flur und das Fahrrad im Garten zurück, dann fahre ich mit dem Bus zurück in die Stadt.

Heute habe ich mir den Bereich um die Grafton Street und das Trinity College vorgenommen. Gegen 14 Uhr habe ich viel zu viele CDs, Bücher, Videos und 3 Poster gekauft. Ich schlendere durch den Stephen`s Green Park. Es geht hinüber in das Botschafts- und Regierungsviertel. Direkt neben dem Leinster-House, dem Parlamentsgebäude, liegt das Nationalmuseum. Nach gut 40 Minuten bin ich wieder draußen. Die Präsentation der kulturgeschichtlichen Exponate hat mir gar nicht gefallen.

Ich komme zum Trinity-College. In der Mensa nehme ich mir 2 Sandwiches und nen Kaffee zum Studentenpreis. In der Nachmittagssonne sitze ich dann draußen vor der alten Bibliothek, in der im großen Lesesaal das ,Book Of Kells", eine mittelalterliche handillustrierte Bibel, ausgestellt ist. Aufgrund des Horroreintrittspreises bleibe ich draußen, war ja auch 1990 schon mal drin.

Freitags ist Filmwechsel in Dublin`s Kinos. Auf der Tour vor zwei Jahren haben wir den Jack Lemmon/Walter Matthau-Film ,Grumpy Old Man" hier in Dublin gesehen. Um 18 Uhr sitze ich nun im selben Kino und schaue die heute gestartete Fortsetzung. Mir gefällt`s.

Als ich das Kino verlasse, bin ich euphorisch und traurig zugleich, meine Reise geht zu Ende. Das Wetter ist es auch: Während die Abendsonne alles in ein rotes Licht taucht, fallen von irgendwoher dicke Regentropfen und Hagelkörner vom Himmel. 3 Minuten später ist das Unwetter vorbei.

Ich esse in einem der vielen Hamburger-Läden, dann mache ich mich zu Fuß auf den Weg zu meiner Unterkunft. Unterwegs kaufe ich noch schnell ein paar Döschen Guinness ein. Nein- in einen Pub will ich heute Abend nicht mehr. Gegen 22 Uhr bin ich zurück und lasse den Tag ausklingen. Wie auf der Hinreise muss das Gepäck möglichst komprimiert verpackt werden.

Samstag, 1. Juni 1996

Kurz vor sieben werde ich wach und stehe auf. Während ich meine letzten Gepäckstücke in die Taschen quetsche, höre ich die Gastgeberin in der Küche hantieren. Die gute Frau hat viel zu erdulden bei mir. Iren sind eigentlich Langschläfer. Viertel nach sieben klingelt das Handy -. der abgesprochene Weckanruf - sicher ist sicher.

Kurz vor halb acht schleppe ich meine Taschen zur Wohnungstür, dann gehe ich frühstücken. So ein gehetztes irisches Frühstück macht keinen Spaß, aber es geht nicht anders, um 10 startet der Flieger, gegen halb neun muss ich am Flughafen sein. Kurz vor acht ist das Fahrrad beladen. Ich verabschiede mich herzlich. Die Adresse werde ich mir merken.

Die Straßen sind noch leer an diesem Samstagmorgen. Ich habe mir auf einem Stadtplan die kürzeste erlaubte Strecke gesucht, denn die Autobahn darf ich nicht nehmen. Nach 6 km kreuze ich die Landebahn, nach 7km bin ich am Flughafen. Am Schalter von Air Lingus gibt es dann erst mal Hektik.

Die Dame muss erst mal wieder überzeugt werde, dass die Fahrradmitnahme schon bezahlt ist, dann geht sie los und holt eine Riesentüte, in die ich mein Fahrrad einpacken soll. So krame ich denn das Werkzeug aus, schraube die Pedalen ab, setz den Sattel und den Lenker tiefer und muss schließlich auch noch die Lenkerhörnchen demontieren.

Da die Tüte immer noch nicht über den quergestellten Mountainbikelenker passt, schneide ich die Tüte ein wenig auf. Dann packe ich das Rad auf einen Gepäckwagen.

Jetzt hab ich Zeit. Irgendwann gehe ich durch den Sicherheitscheck und durchquere den langgezogenen Duty-Free-Bereich. Der angezeigte Flugsteig ist janz weit draußen. Als ich dort ankomme, kann ich vom Warteraum aus beim Beladen der Maschine zusehen. Mein verpacktes Fahrrad lehnt bereits am Gepäckband.

Wir werden zur Maschine geführt und starten mit 20minuetiger Verspätung. Das Wetter ist gut und wir haben meistens Bodensicht. Gegen 13 Uhr deutscher Zeit sind wir in Düsseldorf. Ein Bus fährt uns durch das Gelände zum Gepäckausgabezelt. Mein Fahrrad kommt zuletzt. Der Zoll kontrolliert irgendwelche Leute mit Koffer. Ich hab `nen Liter Tullamore Dew zuviel im Gepäck...

Draußen begrüßt mich mein Freund Meinolf. Wir beschließen, dass er mein Auto aus dem Parkhaus holt und ich inzwischen einen Platz zum Einladen suche. Beim Umradeln des Parkhauses fahre ich wie immer links... Zum Glück merkt es keiner, es ist ne Einbahnstraße. Als ich am Steuer meines Wagens sitze, klappt das mit der Straßenseite schon besser. Die ersten 90km sind Einbahnstraßen und Autobahn...

In Menden muss ich noch einkaufen. Meinolf fragt, ob ich überhaupt deutsches Geld dabei habe. Gute Frage - Im Geldgürtel finde ich noch einen versteckten Hunderter. Gegen 15 Uhr bin ich nach 32 Tagen wieder zu hause.

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Zuletzt geändert:  30. Januar 2002
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