Dies ist
Dokumentation einer einmonatigen Fahrradtour, die mich von
Dublin durch das irische Mittelland über Trim nach Belturbet,
dann über Armagh und die Täler von Antrim an die nordirische
Küste führte. Über Londonderry und Letterkenny erreichte
ich Donegal.
Nach einem Busintermezzo startete ich in Galway über
Lisdoonvarna zur Shannonfähre. Dann Tralee, Dingle, Killarny
und die Beara Halbinsel. Über Bantry, Skibereen, Cork,
Waterford bis Wexford und zum Schluss wieder per Bus nach
Dublin.
Dienstag, 30. April 1996:
Gegen 17.00 starte ich mit dem Auto gen
Düsseldorf. Mein Schwager Gisbert fährt mit, um den Wagen von
dort wieder heim zu chauffieren. Um 18.30 Uhr sind wir im Parkhaus
des Flughafens. Hier am Düsseldorfer Airport ist nach der
Brandkatastrophe vom 11. April alles improvisiert. Ich muss das
Fahrrad und das Gepäck erst mal einzeln über eine Treppe
hinuntertragen, da das Rad nicht in den Aufzug passt.
Es geht in die Abfertigungszeltstadt. Nach
kurzer Diskussion ist die Dame am Schalter von Air Lingus davon
überzeugt, dass der Fahrradtransport bereits gebucht und bezahlt
ist. Bei der Ausreise und dem Sicherheitscheck gibt es keine
Probleme, ich muss noch eine halbe Stunde im Wartezelt ausharren.
Gegen 19.40 werden wir in einen Omnibus
verladen, dann geht es ein paar Meter über das Vorfeld zur
wartenden Maschine, einer Boing 737-400. Die Maschine startet
pünktlich, nach wenigen Metern durchbrechen wir die Wolkendecke
- keine Bodensicht. Es gibt nur ein Miniabendessen, dazu Kaffee,
später dann ein Bier. Um 20.30 Ortszeit, nach 1,5-stündigen
Flug schweben wir von Westen in Dublin ein. Bei der
Gepäckausgabe sind die Taschen zuerst da, dann wird auch das
Fahrrad gebracht. Alles heil geblieben. Ich montiere die
abgeschraubten Pedale wieder an und stelle den verstellten Sattel
und Lenker wieder ein, dann werden die Gepäcktaschen
festgemacht. Ich bin der letzte unseres Fluges, der die Halle verlässt. Die Zollbeamten
grüßen freundlich. In der
Flughafenhalle gehe ich direkt zur Touristeninfo, wo ich mir ein
B&B-Zimmer im Norden Dublins vermitteln lasse. Ich kaufe noch
Landkarten und einen neuen Butget-Reiseführer. Dann gehts
los. Draußen erwartet mich ein milder Frühlingsabend mit dem
letzten Tageslicht. Es ist 21.30 Uhr. Die Wegbeschreibung der
Dame vom TI ist so gut, dass ich nach einer Stunde am
Liffey-River lande, also mitten in der Innenstadt. - Viel zu weit
südlich. Ich radele zurück und finde gegen halb zwölf endlich
meine Unterkunft. Die Gastgeberin erwartet mich freundlich.
Mittwoch, 1. Mai:
In Irland ist das kein Feiertag! Gegen 8 Uhr
stehe ich auf und mache mich fertig. Das komprimiert gepackte
Gepäck wird nun umverteilt, der Schlafsack und die Regenkleidung
in separaten Taschen untergebracht. Während ich um halb neun
frühstücke, regnet es in Strömen. Gegen halb zehn starte ich
im Nieselregen zur ersten Etappe. Ich radele durch die nördlichen
Vororte gen Westen. Nach gut 10 km gibts den ersten starken
Schauer. Es ist mit nur 7° C ziemlich kalt. Mittags mache ich in
einem Pub in Dunboyne eine Aufwärmpause. 2 Guinness, eine Suppe, Sandwiches. Ich beginne, den
"Medicus" zu lesen. Es geht weiter. In
Summerhill mache ich die nächste Regenpause im Pub, dann sind es
noch 10 km bis Trim. 5 km weiter löst sich die Schraube der
rechten Tretkurbel, Ein Defekt vom letzten Jahr, der nicht sauber
repariert wurde. Auf dem restlichen Weg nach Trim muss ich noch
5mal anhalten und die Schraube nachziehen. In Trim gibt es nur
wenige B&B - es dauert eine geraume Zeit bis ich eine freie
Unterkunft gefunden habe. Meine nassen Sachen breite ich im
ganzen Zimmer aus, dann geht es in die Stadt zur Auskundung. Trim
wird durch eine mächtige Burgruine geprägt, die 1995 als
Kulisse fuer Mel Gibsons Film ,Braveheart" diente. Im Ort
finde ich den schon geschlossenen Fahrradladen und natürlich ein
paar Pubs. Es regnet immer noch.
Donnerstag, 2. Mai:
Da das Wetter am Morgen noch immer nicht besser
ist, informiere ich meine Gastgeberin, dass ich eine weitere
Nacht bleibe. Nach dem Frühstück schiebe ich mein Rad in die
Stadt. Gegen 10 Uhr ist der Fahrradladen geöffnet. Ein älterer
Ire räumt ein wenig um, dann schieben wir mein Rad in die
Werkstatt. Zum Glück hat er eine passende Ersatztretkurbel. Die
alte Alukurbel ist an der Vierkantaufnahme total ausgeschlagen.
Die Montage dauert 5 Minuten und kostet mich umgerechnet 18 DM für die Kurbel und 1,50 DM als Arbeitslohn. Inzwischen hat der
Regen aufgehört, den Rest des Tages wird es trocken bleiben. In
der TI bleibe ich fast 1 Stunde, der Mitarbeiter dort hat viel
Zeit zu einem Meinungsaustausch. Ich weiß nun alles über die
Stadt und nutze den Rest des Tages um zwischen 2 Pubbesuchen die
Highlights des Ortes zu besichtigen. Zum Glück ist der "Medicus"
immer dabei. Am späten Nachmittag kaufe ich ein paar Dosen Bier
und ein Abendessen ein und gehe zurück zur Unterkunft, wo ich
dann ein wenig weiterlese. Gegen 1 Uhr nachts habe ich den "Medicus" abgehakt.
Freitag, 3.Mai:
Oh Wunder! Sonne!. Die 2. Etappe soll mich von
Trim bis zum Hostel von Ballyconnell bringen, wo ich noch ein
paar Fotos von 1990 abgeben muss. Nach 15km, kurz vor Athboy,
klingelt das Handy. Der abgesprochene Kontrollanruf von Gisbert. Am frühen
Nachmittag besichtige ich ein steinzeitliches Ganggrab auf einem
Hügel südlich von Oldcastle. In Oldcastle ist der erste
Großeinkauf von Lebensmitteln zur Selbstversorgung angesagt.
Kaffee, Brot, Butter, Nutella usw. Nach 90 km erreiche ich Killashandra. Erinnerungen an 1990 werden wach. 12 km weiter dann
das ,Sandville House"-Hostel. Die Familie freut sich über
das Wiedersehen und die mitgebrachten Fotos. Ich bin so
erschöpft, dass ich nur noch 3 Dosen Guinness und ein
selbstgekochtes Nudelessen einwerfe, dann gehts in die
Falle.
Samstag, 4.Mai:
Ich schlafe bis kurz vor Neun. - Ein Fehler,
denn nette frühaufstehende Zeitgenossen haben mir meinen Käse
und Schinken weggegessen und meine halbe Butter verbraucht. Unfassbar. Ich nehme ein verärgertes
Nutella-Frühstück ein.
Die beiden ersten Etappen hatten mich nordwestlich zum River Erne
geführt, nun wechsle ich die Fahrtrichtung um 90°. Ich erreiche
Belturbet und kurz darauf überquere ich erstmals die Grenze zu Nordirland. Nur auf irischer Seite steht ein
Polizist, der stichprobenartig kontrolliert. Nach 5 Kilometern
bin ich wieder in der Republik, 4 km weiter wieder in Nordirland,
nach weiteren 4 km wieder in der Republik, wo erneut die Garda
kontrolliert. Ich als Radfahrer bleibe wie immer ungeschoren. In
Clones besuche ich einen mittelalterlichen Rundturm, der einmal
zu einem Kloster gehörte. Auf dem Marktplatz steht ein gut
erhaltenes, mit biblischen Motiven verziertes Hochkreuz aus dem
10. Jahrhundert. Am Nachmittag mache ich meine obligatorische
Samstagnachmittag-Kurzwellenpause - die Bundesligaschlussminuten
via Deutsche Welle, dann erreiche ich Monaghan. Hier ist der Bär
los, ein Festival. Auf einer Bühne spielt eine Rockband. 10 km
weiter reise ich zum 3. Mal nach Nordirland ein. Die Garda
beachtet mich nicht, auf britischer Seite kommt nach 2 km ein
gepanzerter Checkpoint - unbesetzt. Am frühen Abend erreiche ich
die Bischofsstadt Armagh mit einer schönen Stadtsilhouette. Es
dauert ein wenig, bis ich mich zu einem B&B durchgefragt
habe. Im ersten Pub gefällt es mir nicht, im 2. spielt eine
Band. Ich bleibe bis 1 Uhr nachts.
Sonntag, 4. Mai:
Beim Start am Morgen scheint die Sonne. Ich
erwische am Ortsausgang die falsche Nebenstraße, ein Umweg von
5km ist angesagt. Hinter Moy ziehen Wolken auf, kurz darauf rette
ich mich unter eine halbabgerissene Brücke und warte ein halbes
Stündchen auf trockenes Wetter. Die Sonne kommt wieder raus, es
geht weiter. Ich radele Richtung Westufer des Loch Neagh.
Dort erwischt mich der nächste kurze Schauer,
vor dem ich unter großen Bäumen halbwegs geschützt
kapituliere. In Ardee steht neben einem Friedhof, direkt am
Seeufer ein guterhaltenes Hochkreuz.
Ein paar Kilometer weiter
der nächste Schauer, den ich im Eingangsportal einer Schule
abwarte. Ich erreiche Toome an der Nordwestecke des Lough Neagh
und wechsle auf die Nebenstrecke nach Ballimena. Während ich
eine lange Steigung emporklettere, verfinstert sich wieder der
Himmel. Kaum habe ich etwa 15 Kilometer vor Ballimena die
höchste Stelle passiert, da geht ein Wolkenbruch über mir
nieder. Wassermassen und Hagelkörner prügeln auf mich ein. Die
Straße ist ein einziger Bachlauf, das Wasser kommt nicht nur von
oben, sondern auch vom Vorderrad hochgespritzt von unten. Als ich
Ballimena erreiche, lässt der Regen nach.
Am Ortseingang ist ein "Take-Away". Den
ersten Menschen, der dort herauskommt, frage ich nach einem
B&B. Er versucht mir zu erklären, wo ich eine Unterkunft
finden kann, bietet mir dann an, mit dem Auto vorauszufahren. Ich
folge seinem Ford Fiesta und habe 10 Minuten später ein Dach
über dem Kopf. Als ich abends die Stadt erkunde, hat der Regen
aufgehört.
Montag, 5. Mai:
Ich verlasse Ballimena auf der Straße nach Glenariff. Die Straße führt gleichmäßig bergan, von ca. 60
auf 320 Höhenmeter. Es ist kühl, aber trocken. Auf den letzten
Metern zum höchsten Punkt muss ich schieben, dabei erwischt mich
ein Hagelschauer. Die Abfahrt führt mich durch das Tal von Glenariff. Es soll das schönste der ,Täler von Antrim"
sein.
Inzwischen haben sich die Wolken verzogen. Die
Sonne bringt Wärme und einen strahlendblauen Himmel mit sich. In
diesem Moment weiß ich noch nicht, dass das Wetter nun 14 Tage
gut bleiben wird...
Die Straße führt anfangs durch Wald, doch
bald finden sich hinter jeder Kurve neue tolle Ausblicke auf das
Tal und die seitlichen Berge, Wasserfälle und irgendwann dann
auch auf den ,Mull Of Kintyre", die Südspitze dieser
schottischen Halbinsel. Schottland scheint zum Greifen nah. Die
Fernsicht ist super. Hinter der Kintyre-Halbinsel kann ich die
Gebirgsgipfel der Arran-Insel erkennen. In Glenariff erreiche ich
zum ersten Mal in diesem Urlaub das Meer. Ich teste mit der Hand
die Temperatur der irischen See -Brrrr...
Die Straße führt
direkt am Meer entlang nach Cushendall. Dann geht es über ein
weiteres Tal der ,Glens Of Antrim" nach Cushendall, wo ich
eine längere Pause einlege.
Meine weitere Streckenplanung sieht
nun vor, die Panoramastrasse zum Torr-Head zu radeln, dem Punkt,
an dem sich Irland und Schottland mit 19 km Abstand am nächsten
sind. Ich montiere den Höhenmesser wieder am Lenker, dann geht
es los. Zuerst einmal schiebe ich von Meereshöhe auf 100m einen
steilen Berg hinauf, dann geht es wieder 50m tiefer und noch mal
90 Meter hoch auf 140 Meter. Nun folgt eine Passage, die ein
wenig wellig ist, immer wieder geht es ein paar Meter hoch und
wieder runter. Dann ein steiler Abstieg (17%) auf 90 Meter und
nun heißt es ein paar Kilometer wandern bis auf 220Meter. Ich
fühle mich gut und genehmige mir eine Dose Cola. Langsam, die
Bremsen voll angezogen, lasse ich mich den steilen Berg zum
Torr-Head hinunterrollen.
Als ich 10 Minuten später unten ankomme,
rumort mir der Magen und mir wird schwarz vor Augen. Kalter
Schweiß dringt mir aus allen Poren - eine Katastrophe. Ich lasse
Torr-Head rechts liegen und erklimme schiebend im Schleichtempo
den nächsten und wie ich weiß, letzten 150 Meter-Berg. Oben
lege ich mich erstmal 20 Minuten ins Gras, dann fahre ich weiter.
Noch 10 km bis Ballycastle. Am Ortseingang liegt das Hostel. Ich
checke ein, zum Glück bekomme ich ein Einzelzimmer. Ich
schmeiße mich aufs Bett und penne zwei Stunden, dann schaffe ich
es gerade noch bis zum Waschbecken, wo ich meinen Mageninhalt
rückwärts entleere. In der Nacht bekomme ich Durchfall.
Dienstag, 6. Mai:
Den Tag verbringe ich schlafend. Ab und zu
koche ich mir in der Küche Tee oder besuche die Toilette...
Draußen ist herrlichstes Sonnenwetter und ich
feiere krank.
Mittwoch, 7. Mai:
Zur Freude des Herbergspersonals bin ich wieder
halbwegs fit. Ich packe meine Siebensachen und verlasse direkt
vom Hafen aus auf der Küstenstraße den Ort. Zwei Nächte in
einer Stadt, aber nichts davon gesehen.
Nach 10 Kilometern erreiche ich die
Carrick-A-Rede- Rope-Bridge, eine denkmalgeschützte schmale
Hängebrücke, die zu einer kleinen Insel führt. Es ist wie
immer kühl, aber die Sonne scheint. Das Fahrrad lasse ich am
Besucherzentrum stehen. Über einen schmalen Pfad geht es zu Fuß
die Klippen entlang ca. 1 km zur Brücke. Ich verweile hier nicht
lange, denn ein Highlight meiner Tour erwartet mich.
Wiederum 10 km weiter liegt der Giant's Causeway. Vom
Visitorcenter aus führt eine kleine Straße
hinunter zu diesem 8. Weltwunder. Geometrisch angeordnet
Basaltblöcke sind hier zu einer nie gesehenen Steinformation
angeordnet, die der Sage nach ein Riese auf seinem Weg zu seiner
schottischen Freundin hier angelegt hat. Der Himmel und das Meer
sind blau, ich bin überwältigt von der Schönheit dieser
geologischen Einzigartigkeit. Nach einer Pause im Besucherzentrum
radele ich in die 4km entfernte Stadt Bushmills. Gegen 15 Uhr bin
ich beim Empfang des hier ansässigen lebensmittelproduzierenden
Betriebes. Etwa 1 Stunde dauert die Besichtigung der ältesten
zugelassenen Whiskeybrennerei der Welt, dann gibt es noch einen
Probeschluck. Zum Glück hatte ich heute nur 44 km bis zur
nächsten Übernachtung geplant, da ja soviel Besichtigenswertes
am Wege lag. Auf den letzten 15 km bis Portstuart merke ich dann
doch die konditionellen Folgen der 36stuendigen Zwangspause. Die
Straße führt direkt am Meer entlang. Eine Burgruine (Dunluce Castle), Klippen, lange Sandstrände bieten immer wieder neue
phantastische Ausblicke. Das Hostel von Portstewart liegt direkt
am Meer.
Donnerstag, 8. Mai:
Für heute ist die längste Tagesetappe
eingeplant. Ich verlasse Portstewart entlang des Flusses Bann.
Über die erste Straßenbrücke in Coleraine wechsle ich auf die
Westseite. Dann folge ich weiter der Küste. In Downhill besuche
ich den "Mussenden Temple" mit Statuen und griechisch gestylten Toren, dann geht es kilometerweit am
Fuße der Klippen am Meer entlang. Bei Limavady erreiche ich die
stark befahrene Nationalstrasse nach Londonderry.
Zu meinem Glück bläst der kühle Wind von
Nordost und läßt mich eine ungeahnte Geschwindigkeit erreichen.
Am Nachmittag erreiche ich Londonderry, die zweitgrößte Stadt
Nordirlands, die während der Troubles 1968 unrühmliche
Geschichte gemacht hat.
Jetzt, wo es ruhig geworden ist in Nordirland,
ist Derry fast eine ganz normale britische Kleinstadt. Nur die
Befestigung der öffentlichen Gebäude erinnert an noch gar nicht
so lange zurückliegende Zeiten. Während ich beim Hineinfahren
in die Stadt die reichen, protestantisch geprägten Viertel
durchradelt habe, verlasse ich den Ort nach Südwesten durch ein
ärmliches katholisches Viertel - welch ein Unterschied.
10 Kilometer südwestlich verlasse ich
Nordirland. Ich bin im County Donegal, der irischen Nordwestecke,
die ich in den nächsten Tagen umrunden werde. Nun sind es noch
einmal 25 km bis Letterkenny.
In Letterkenny suche ich das Hostel, dann ziehe
ich mit einem Radler aus München, den ich dort treffe, in den
nächsten Pub.
Freitag, 9. Mai:
Von Letterkenny radele und schiebe ich nun
nördlich über Miltown nach Carrigart, wo ich meine Mittagspause
einlege, Ab hier folgt die Straße der Küste. Der blaue Himmel,
das blaue Meer, dazu grüne Wiesen, Felsen und braune Moorgebiete
faszinieren mich.
Am Abend muss ich nördlich von Derrybeg einen
Berg des Bloody Foreland überqueren. Durch die Abendsonne
scheint der kahle braune Berg wirklich blutrot zu sein, während
ein paar hundert Meter der Ozean dunkelblau schimmert.
Als die Straße sich kurz darauf nach Süden
wendet, weitet sich die Landschaft und gibt den Blick frei auf
hunderte einzeln stehender weißer Häuser bis zum Horizont, die
in dieser rotbraunen Landschaft stehen. Jetzt weiß ich
plastisch, was der Reiseführer mit landschaftsprägenden
Streusiedlungen gemeint hat. Das Hostel liegt etwas außerhalb
von Derrybeg. Zwei Schlafräume, Küche, Bad, Fernsehraum, mitten
auf einem Golfplatz in den Dünen.
Samstag, 10. Mai:
Als ich morgens starte, ist es bewölkt und
kühl. Ich folge kontinuierlich der Küste über Gweedore nach Dungloe. Unterwegs gibt mir ein schottischer Radler einen Tip
fuer das heutige Hostel. Irgendwann treffen mich ein paar
Regentropfen, aber der zugehörige Schauer geht einige Meter
weiter nieder. Am Nachmittag verfinstert sich für ein paar
Minuten meine gute Laune - Bayern hat in Schalke verloren,
Dortmund ist Meister. Im Hostel von Glenties treffe ich die
Freunde des Mannes aus Schottland vom Vormittag.
Den Rest des Abends verbringe ich mit Fernsehen
und Wäsche waschen.
Sonntag, 11. Mai:
Es geht zuerst flach bis Ardara. Zwei km hinter
dem Ort zweigt rechts eine Nebenstraße nach Glencolumbcille ab,
die über den 220m hohen Glengesh-Pass führt. Zuerst steigt die
Straße flach an, erst als die Steigung über 10% wird, steige
ich ab und schiebe. Auf der Passhöhe ist es kalt. Ein kurzer
Hagelschauer ist auch nicht so toll.
Minuten später bin ich auf der anderen Seite
aber schon wieder im Trockenen und die Sonne scheint, als wäre
nichts gewesen - Irland. Auf einsamer Straße radele ich nun durch
ein Hochtal gen Südwest. In der Ferne sieht man den 600m hohen
Sleave Leage, die höchste Klippe Europas.
In Glencolumbcille mache ich Rast im
Folkmuseum, wo ich auch meine schottischen Freunde wiedertreffe,
die ihre Fahrräder im Bus hierhergebracht haben und nun nach
Glenties zurückradeln. Ich aber umradel den Sleave Leage und
erreiche bald das Hostel von Kilcar.
Montag, 12. Mai:
Eine Kurzetappe. Über Killybegs radel ich die
Küste entlang in die Stadt Donegal, wo ich am frühen Nachmittag
eintreffe. So habe ich genug Zeit fuer Besichtigungen und
Einkäufe. Am späten Nachmittag treffe ich die Schotten wieder,
die ab hier den Bus zum Flughafen Sligo nehmen wollen.
Im nächsten Pub nehmen wir ein
Abschieds-Guinness ein.
Dienstag, 13. Mai:
Heute muss es morgens schnell gehen, denn um
9.45 Uhr fährt mein Bus ab. Da mein Zeitplan inzwischen um 4
Tage hinterherhinkt, habe ich mich entschieden, aus der Reise
kein Radrennen werden zu lassen. Ich werde daher die Strecke
zwischen Sligo, Westport und Connemara, die ich bereits 1990
geradelt bin, mit dem Bus überbrücken.
Mein armes Fahrrad landet mitsamt den Taschen
im hinteren Gepäckraum des Busses und wird nun über die miesen
irischen Straßen geschüttelt. In Sligo macht der Fahrer eine
20minuetige Pause, kurz nach 13 Uhr bin ich in Galway.
Mit Ingrid aus dem Schwarzwald, die in Galway
studiert und mit der ich 2 Tage lang abends immer im gleichen
Hostel zusammentraf und nun von Donegal aus nach Galway gefahren
bin, verabrede ich mich für den Abend. Ich komme in einem
Einzelzimmer des Kinley-Hostels unter. Das Fahrrad wird mit allen
3 Schlössern im 100m entfernten Abstellraum angekettet... Sicher
ist sicher!
Galway ist eine schöne Hafenstadt mit vielen
Cafés, Pubs, Geschäften, Museen, Kirchen und schmalen Gassen.
Zum ersten Mal seit 2 Wochen bekomme ich eine deutsche Zeitung in
die Finger. Ach ja, ab hier blüht der Tourismus. Mit Ingrid und
ihren Freunden treffe ich mich abends im Café. Gegen 10 wechseln
wir dann in eine Musikkneipe, kurz vor Toresschluss gegen elf
dann in die nächste... Um halb eins wollen die anderen noch in
einen Club. Ich verabschiede mich höflich und herzlich...
Mittwoch, 14. Mai:
Nach 2 ruhigen Tagen endlich wieder eine
richtige Etappe. Entlang der Bucht von Galway radel ich zuerst
auf der Nationalstrasse, bald dann auf Nebenstraßen nach Kinvara. Witzig, dass ich dreimal an verschiedenen Orts- bzw.
Dorfenden dem gleichen Tramper zuwinken kann. Sorry, kein
Platz...
In Kinvara steht das Dunguire-Castle, in dem
mittelalterliche Bankette abgehalten werden. Ich verlasse den Ort
gen Westen und radele entlang der Küste. Bald treffe ich auf den
Beginn des Burren, einem Kalksteinplateau, das hier die
Nordwestecke der Halbinsel bildet.
In Ballyvaughan verlasse ich
nach der Mittagspause die Küste und folge der Straße über den
Corkscrew-Hill mitten durch das Burren-Gebiet nach Lisdoonvarna.
Kurz darauf bin ich wieder nahe der Küste. Ich
passiere Doolin, das Dorf mit den berühmten Musikpubs, dann
steigt die Straße wieder an zu den Klippen von Moher. Keine
Wolke ist am Himmel, als ich mein Fahrrad am Besucherzentrum
abstelle und zur Klippenkante hinübergehe, die nur 200mentfernt
liegt.
Während die reichlich vorhandenen Normaltouris
nach rechts die Stufen zum o`Brians-Tower erklimmen, halte ich
mich zu den Klippen linker Hand. Ich will mit der Sonne im
Rücken fotografieren. Vorsichtig überklettere ich die
Steinplatten, die hier als Absperrung dienen und krieche zum
Rand. Mein Höhenmesser zeigt 190m an. Direkt unter mir spritzt
die Gischt des Atlantiks, zum Greifen nah liegen die Aran-Inseln
nur knapp 10 km vor der Küste. Die Abendsonne färbt die Klippen
rot und das Wasser königsblau.
Vom Besucherzentrum führt die Straße hinter
der Klippenlinie sacht abwärts nach Süden, dann südost nach Liscanor. Es geht an den Dünengolfplätzen vorbei nach
Lahinch.
Im Hostel teile ich das Zimmer mit Daniel, einem Schweizer aus
Bern und 2 Engländern.
Donnerstag, 15. Mai
Die Engländer haben heute Nacht bei der
Rückkehr randaliert. Wir nehmen Rache, indem wir lautstark
unsere Sachen packen. Daniel und ich haben gemeinsam
gefrühstückt, nun radeln wir erst mal gemeinsam los.
Nach 15km erreichen wir den ,Spanish
Point", wo vor 500 Jahren viele Tote der Armada-Schlacht
angetrieben wurden. Auf einem Gedenkstein lesen wir, dass auch
der spanische König, Juan Carlos" schon hier war. An
Daniels Fahrrad repariere ich mit Hilfe eines Kabelbinders und
Isolierband eine auf dem Flug gebrochene Gepäcktraegerstrebe.
Eine halbe Stunde später trennen sich Daniels
und meine Wege. Er nimmt den direkten Weg zur Shannonfaehre, ich
folge erst mal weiter der Küste. In Kilkee mache ich
Mittagspause, dann radele ich über Kilrush ebenfalls zum
Fähranleger nach Killimer.
Um 18.30 Uhr schiebe ich mein Rad auf die
Fähre über die Shannonmündung, kurz vor sieben bin ich am
Südufer des Shannon in Tarbert.
Ich such mir ein B&B, dann gehts in
den Ort zum Essenfassen. Das einzige Restaurant hat schon zu, da
bleibt nur noch die örtliche Imbissbude. Während ich mein ,Fish&Chips" -Mahl einnehme, betritt ein junger Mann den
Laden, den ich aufgrund seines Reiseführers als Deutschen
identifiziere. Wir kommen ins Gespräch, dann genehmigen wir uns
gemeinsam ein paar Guinness. Danach wollen wir zu Fuß in
Richtung unserer B&Bs starten. Als wir gemeinsam vor dem Haus
ankommen, in dem ich mich einquartiert habe, stellen wir fest, dass auch er dort wohnt...
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Freitag, 16. Mai:
Auf Nebenstraßen verlasse ich Tarbert und
radel nach Ballylongford, wo ich am Ortsrand eine Klosterruine
besichtige. Im Postamt kaufe ich 50 Briefmarken -
Postkartenverpflichtungen. Dann geht es auf einsamen Straßen
weiter nach Abbeydorney. Die Straße führt am mittelalterlichen
Rundturm von Rattoo vorbei.
Am frühen Nachmittag erreiche ich Tralee, die
Hauptstadt der Grafschaft Kerry. Ich checke im Hostel ein, dann
mache ich eine Besichtigungs- und Einkaufsrunde. Der Himmel hat
sich zugezogen und es gibt ein paar Schauer. Interessant ist das
County-Museum mit einer geschichtlichen Ausstellung im
Obergeschoß und einer rekonstruierten Marktstraße des
mittelalterlichen Tralee im Kellergeschoß, durch die man wie in
einer Geisterbahn gefahren wird. Besonders gefallen hat mir die
Sonderausstellung zur Telekommunikation. Den Abend verbringe ich
mit ein paar Deutschen im Hostel.
Samstag, 17. Mai:
Beim Anfahren am Morgen reißt mir direkt vor
dem Hostel in Tralee die Kette. Ich montiere die Ersatzkette.
Dann radele ich weiter gen Westen. Die Straße führt an der
Nordküste der Dingle-Halbinsel entlang. Die neue Kette ist zu
lang und bereitet mir Schaltprobleme.
Nach 35 km bin ich am Fuße des Connor-Passes
angelangt, dem höchstgelegenen Straßenpunkt in Irland. Noch
befinde ich mich praktisch auf Meereshöhe, die Straße steigt
nun über 8 km auf 456m über NN an. Ich montiere den
Höhenmesser am Lenker, nehme ein paar Schokoriegel und reichlich
Wasser zu mir und trage Sonnenöl auf, denn die Sonne bietet
keinen Schatten.
Es geht erst mal 3 km halbwegs flach bis auf
80m, dann beginnt die Steigung. Ich schalte in den kleinsten Gang
und schleiche die Bergstraße hinauf. Ab und zu überholt ein
Auto oder kommt mir entgegen, ein paar mal halte ich an, mache
Fotos und trinke Wasser. Nach einer Stunde bin ich auf 330m. Die
Sonne ist verschwunden, es beginnt zu nieseln. Ich kämpfe mich
weiter.
20 Minuten später zeigt mein Höhenmesser 450m
und ich bin schon oben am Aussichtspunkt auf der Passhöhe. Das
Thermometer zeigt 6°, ein eisiger Regen wird durch den böigen
Wind von Südwesten her über den Pass gedrückt. Da schleppe ich
extra die Thermoskanne mit heißem Wasser hier herauf, um eine
ordentliche Kaffeepause auf dem höchsten Punkt meiner Reise zu
machen und entscheide nun, den ungastlichen Ort ohne lange Pause
wieder zu verlassen. - Bloß nicht zu sehr auskühlen.
Auf der glitschigen steilen Straße lasse ich
mich nach Süden rollen. Ab und zu halte ich an und überprüfe
die Bremsen und die Erhitzung der Felgen. kurz vor Dingle wird
die Straße über einen steilen Schotterfeldweg umgeleitet. Die
Hände schmerzen vom Dauerbremsen und Dauerregen.
In Dingle rette ich mich erst mal in den
nächsten Pub zum Aufwärmen. Am späten Nachmittag radele ich zum Hostel, das 2km außerhalb liegt Richtung
Killarney. Hier treffe
ich mich verabredungsgemäß mit Frank aus Kassel, der heute
morgen mit mir in Tralee gestartet ist, aber auf seinem Motorrad
ein wenig besser durchgekommen ist. Abends, als wir an der Bucht
entlang in die Stadt zum Pub gehen, scheint wieder die Sonne. Um
23.30 Uhr hat die Herbergsleitung einen Pub-Bus-Abholdienst
organisiert.
Sonntag, 17. Mai:
Morgens ist Basteln angesagt. Zuerst einmal
kontrolliere ich die Kette. Der Umwerfer ist ein wenig
ausgeschlagen und sitzt nicht mehr gerade. Ich kürze die neue
Kette, schraube hier und da ein wenig und öle die Gelenke, dann
sieht das Ganze schon besser aus. Anschließend montiere ich noch
am Hinterrad neue Bremsbeläge. Ich radele in die Stadt.
Dingle
ist die westlichste Stadt Europas. Heute nachmittag toure ich
ohne Gepäck, nur mit Notausrüstung, entlang der Felsenküste
zum ,Slea Head" und zu den Blasket Islands. Die Sonne
scheint, das Meer ist strahlendblau und absolut ruhig als ich auf
der schmalen Straße den westlichsten Punkt Europas erreiche. Am
Wegrand liegen Sandstrände und kleine Buchten. Die Straße
führt dann über Steilklippen und an von Schafen bevölkerten
Weiden entlang. Es gibt ein steinzeitliches Fort und Hunderte
kleiner Bienenkorbhütten zu besichtigen. Die Fernsicht ist
phantastisch. Südlich liegt die Iveragh-Halbinsel, auch ,Ring Of
Kerry" genannt, weit draußen im Atlantischen Ozean kann ich
die Skellig-Inseln erkennen.
Kurz hinter Dunquin zieht eine sich abregnende
schwarze Regenwolke vorbei. Die Straßen sind nass, ich aber
bleibe trocken. Ein paar Kilometer weiter liegt in einem Feld
eine 1000 Jahre alte Steinkirche, die wie ein umgedrehtes Schiff
aussieht, das ,Gallarus Oratory".
Nach der Besichtigung
radele ich auf dem direkten Weg über einen Hügel zurück nach Dingle, denn ich hab` heute noch etwas anderes vor. Dingle`s
Touristenattraktion ist seit 12 Jahren ein freilebender Delphin, Fungi, der hier in der geschützten Bucht lebt. Tagsüber ist er
meist in der Bucht bei den Ausflugsbooten zu sehen, abends soll
er sich nahe des Hostels in der Nähe eines ruhigen Strandes
abseits der Stadt und den Touristen aufhalten.
Kurz nachdem ich den Strand erreicht habe, habe
ich auch schon Glück. Einige Minuten lang taucht Fungi immer
wieder an verschiedenen Stellen auf. Ich schaffe es, ein paar
Fotos von ihm zu schießen. Das Wetter wechselt an diesem Abend
aprilmäßig immer wieder zwischen Sonne und Regenschauern.
Montag, 18.Mai:
Stabile Wetterlage! Es ist kalt und regnet in
Strömen. Ich warte im Hostel bis kurz nach 12 Uhr, aber der
Regen hört nicht auf. Das Ziel heute heißt Killarney. Zum
erstenmal ziehe ich die komplette Unwetterkleidung an und
beschließe die gut 70km mit nur einer Pause durchzuziehen.
Nur Nebel, Wolken und Regen. Entlang der
Südküste der Halbinsel radele ich unmotiviert die 42 km durch
bis Castlemaine, wo ich mich in einem Pub aufwärme. Kurz vor
Killorglin hört der Regen für 1 Stunde auf.
Ich bin nun auf der Iverath-Halbinsel und biege
ab ins Landesinnere. Die Wolken geben nach rechts den Blick frei
auf die ,Mc Gillycuddy Reeks", eine Gebirgskette, zu der
auch der mit 1241m höchste irische Berg gehört. Als ich die
Vororte von Killarney erreiche, geht erneut ein Schauer nieder. Klatschnass erreiche ich das Hostel, das am Rand des
Nationalparks liegt. Mit einem Paar aus Deutschland radele ich
abends in die Stadt, wo wir zwei Musikpubs besuchen.
Dienstag, 19. Mai:
Morgens scheint noch die Sonne, als ich ein
Stück durch den Nationalpark in die Stadt Killarney radel. Ich
kaufe ein, dann geht es zurück Richtung Killorglin. 7km weiter
geht nach links eine Straße ab zum ,Gap Of Dunloe", einem
nur für Wanderer, Pferdefuhrwerke und eben auch Radfahrer
erlaubten Schotterweg durch einen schmalen Gebirgspass. Es
beginnt zu nieseln...
Der Pass steigt erst sacht an, hat dann aber
einige kurze, beachtliche Steigungen. Immer wieder kommen mir
Wanderer oder Pferdewagen entgegen. Ab und zu fährt ein hier
unbeliebtes Auto. (Ein Verbotsschild gab es nicht, es geht also
doch.) Nach einigen Kilometern und gut 200 Höhenmetern erreiche
ich die Passhöhe und bald darauf auf der anderen Seite den
Punkt, wohin die Pferdefuhrwerke die Touristen bringen, die dann
mit Booten durch die Seen des Nationalparks wieder nach Killarney gebracht werden.
Ich aber radele den Berg hinunter in ein weites
Tal, dem ich nun bergan folge. Der Fluss neben der schmalen
Straße bildet hier Wasserfälle und Stromschnellen, dann wieder
fließt er kilometerweit durch die von einem Moor überzogene Talfläche. Als ich wegen eines entgegenkommenden Lkws anhalten
muss, merke ich, dass die in das Moor geteerte Straße vibriert.
Links weit oberhalb am Hang sehe ich das Ausflugslokal am Moll`s Gap. Da muss ich hin. Kurz darauf verlasse ich im stärker
werdenden Regen schiebend das Tal. Es ist eine lange steile
Straße, die mich hoch zur ,Ring Of Kerry"- Nationalstrasse
und zum Moll`s Gap führt. Ohne anzuhalten (ich sehe eh nichts und
es ist bitterkalt) mache ich mich auf die Abfahrt nach Kenmare.
Eigentlich hatte ich geplant, heute noch gut
20km weiter auf die Beara-Halbinsel zu fahren, doch das Wetter
ist nun so schlecht, dass ich mich entschließe in Kenmare zu
übernachten.
Mittwoch, 20. Mai:
Der Regen ist heute angenehm warm. Die
Küstenstraße entlang der Beara-Halbinsel ist wirklich toll.
Trotz des miesen Wetters habe ich einigermaßen Sicht. Die
Nordküste ist einsam, kaum ein Dorf, nur ab und zu mal ein paar
Häuser. In Ardgroom mache ich eine lange Pause. Der ,Irish
Coffee" wärmt gut.
Als ich gegen 16 Uhr weiter radele hört der
Regen auf und bald darauf ist die Sonne zu sehen! Kurz vor
Allihies durchquere ich einen kleinen Gebirgszug.
Immer neue
tolle Blicke auf den nicht mehr grauen, sondern von der Sonne
blaugefärbten Ozean eröffnen sich mir. In Allihies liegt das
Hostel direkt neben 2 der drei Pubs. Schön-schön...
Donnerstag, 21. Mai:
Das Meer ist wieder grau, der Regen heute kalt
und unangenehm. Bereits um 11 Uhr morgens sitze ich in
Castletownbere im Pub, bin total ausgekühlt, friere und bin
ratlos. Ich studiere die Karte und zücke meine Planungsnotizen.
Dann fälle ich eine Entscheidung: Wenns morgen
weiterregnet, nehme ich ab Bantry den Bus nach Cork.
Es geht weiter. Der Regen lässt nach, es
nieselt, ab und zu ist es trocken. Glengarriff soll der wärmste
Ort Irlands sein. Hier gedeihen sogar subtropische Pflanzen.
Heute scheint in diesem überteuerten Touristennest Ruhetag zu
sein...
Im 20km entfernten Hostel von Bantry habe ich
mich mit Frank verabredet. Ich habe 1 Tag Verspätung... Das
Hostel ist voll, auch Frank wurde wegen einer Schulgruppe
ausquartiert. Der Warden ist nett und hilfsbereit. Ich weiß nun,
wo heute abend Livemusik gespielt wird und dass Frank dort sein
wird. Ich suche mir ein B&B und breite meine nassen Sachen
quer durch das kleine Zimmer aus. Als ich abends in die Stadt
ziehe, scheint eine tolle Abendsonne.
Im ,Fish&Chips"-Laden treffe ich Frank, wir gehen gemeinsam
in den Pub ,1796". Der Musiker spielt alte Hits von den Eagles, Kings, Bob Dylan usw.
Freitag, 22. Mai:
Glück oder Pech für mich, die Sonne scheint,
ich darf also weiter radfahren. Am Bantry-Haus vorbei verlasse
ich die Stadt. 10km weiter südlich biegt die Straße Richtung
Cork ab. Ein Radfahrer aus Cork holt mich ein und wir radeln
schwatzend gemeinsam bis Drimoleague.
Während er auf dem direkten Weg gen Cork
fährt, radel ich weiter nach Skibbereen, dem südwestlichsten
Punkt meiner Reise. Ich treffe hier auf zwei Abiturientinnen aus
der Nachbarstadt Arnsberg, die mich auf Englisch ansprechen, ob
ich ein Foto von ihnen schießen würde...
Der Wind hat auf West gedreht und ist ziemlich
heftig. Die entgegenkommenden Radfahrer kämpfen gegen den Wind,
ich aber fahre im Rekordtempo über Leap und Ross nach Clonakilty. 10 km weiter liegt in einem Landsitz abseits des
Dorfes das Hostel von Timoleague.
Kein Tropfen Regen heute!
Samstag, 23. Mai:
Das Tagesziel heute heißt Cork. Es ist leicht
bewölkt und kühl. Ich verlasse Timoleague entlang der
langgestreckten Meeresbucht. Bald darauf erreiche ich die
Hafenstadt Kinsale, berühmt für ihre vielen Esslokale.
Nach der Mittagspause breche ich auf gen
Norden, verlasse dann bald die Direktroute nach Cork und radele
zum weit außerhalb liegenden Fährhafen Corks, dann entlang der
Bucht von Osten in die Stadt. Im Kinlay-House bekomme ich gerade
noch das letzte freie Bett, den Abend verbringe ich in der Stadt,
die ich schon von der letzten Irland-Tour kenne. Hier sollte nach
meiner ursprünglichen Planung die diesjährige Fahrradtour
enden. Durch die Busetappe habe ich nun noch ein paar Tage Zeit.
Sonntag, 24. Mai:
Kalt und bewölkt, aber trocken. Der Westwind
drückt mich auf der Nationalstrasse gen Osten. Ich erreiche Midleton. Ein kleines Nest, in dem fast alle irischen Landweine
destilliert werden.
Die alte Midleton-Distille ist zum
Besucherzentrum ausgebaut. Die kostenpflichtige Führung ist ganz
nett zwar, aber nichts besonderes. Am Ende gibts einen
Fingerhut voll Jameson zum Probieren. Auf dem Weg aus der Stadt
komme ich an der neuen Schnapsfabrik vorbei, die man nicht
besichtigen kann.
Mein Weg führt mich über hügelige
Nebenstraßen zuerst nach Tallow, dann nach Lismore. In Tallow,
wo mich ein kalter Regenschauer erwischt, sind am
Sonntagnachmittag alle Pubs geschlossen. In Lismore steuere ich
das 2 km außerhalb gelegene Hostel an. Es liegt auf einer Farm
und wird von einer Schweizerin geführt.
Montag, 25. Mai:
Sonne! Ich besichtige die beiden Kathedralen
von Lismore, dann bin ich einziger Gast im Besucherzentrum, wo
mir eine nette Multivisionsschau gezeigt wird. Auf dem Weg aus
der Stadt, komme ich am Schloß vorbei. Über Cappoquin schiebt
mich der Wind nach Dungarvan. Ich bin nun wieder am Meer und
folge den Stränden und Klippen auf- und ab bis zum Badeort Tramore. Am Abend erreiche ich
Waterford, die große Hafenstadt
am Fluß Suir.
Dienstag, 26. Mai:
Im Nieselregen radele ich aus der Stadt zur
berühmten Glasmanufaktur ,Waterford Crystal". Der
zweistündige Rundgang durch die Glasfabrik ist sehr anschaulich.
Als ich zu meinem Fahrrad zurückkomme, hat der Regen aufgehört.
Ich verlasse Waterford auf einer Nebenstrecke
zur Fähre über den Fluß Suir. Nach 10minütiger Überfahrt
erreiche ich bei Arthurstown das Ostufer. Heute ist es sehr
neblig. Es bleibt zwar trocken, aber ich sehe so gut wie nichts.
Auf diesem Streckenabschnitt treffe ich die Entscheidung, die
eigentliche Fahrradtour in Wexford abzubrechen. Die letzten
beiden möglichen Etappen zurück nach Dublin werde ich morgen
mit dem Bus zurücklegen.
Ich habe inzwischen reichlich Muskelprobleme
und irgendwie ist nach genau 4 Wochen auch die Lust am
Fahrradfahren vorerst verschwunden. In Wexford checke ich in
einem B&B ein. Dann gehe ich zum Busbahnhof, um die
Abfahrtszeit zu ermitteln. Den Abend verbringe ich in der Stadt.
Mittwoch, 27. Mai:
Nach einem ausgedehnten Frühstück und einem
kurzen Einkaufsbummel stehe ich pünktlich am Busbahnhof. Mein
Maschinchen und das Gepäck landen im Kofferraum, dann schaukelt
uns der Teufelsfahrer durch die wunderschöne irische Landschaft.
Um 14 Uhr bin ich in Dublin. Ich befestige mein
Gepäck und radel los, auf der Suche nach einem Bett. 2 Nächte
will ich in ein Hostel, die letzte Nacht dann in einem B&B
verbringen. Nach längerem Suchen finde ich das von mir
ausgesuchte Hostel. Nur noch 16er-Zimmer frei - Nein danke. Ich
fahre zum Marlborough-House im Zentrum und bekomme ein Bett in
einem 4er-Zimmer. Den Rest des Tages und des Abends streune ich
ziellos durch die Stadt.
Donnerstag, 28. Mai:
Nach einem guten Frühstück im Café Kylemore
wandere ich am Liffey-Fluss entlang zur St.-James-Gate-Brewery.
Ein Besuch des Guinness-Visitorcenters ist Pflicht. Punkt zehn
öffnet das Hop-Store-Museum, um 10.02 bezahle ich meinen Obolus
an der Kasse. Am Ende des Rundgangs gibt es zwei Halfpints
gratis. Gegen 11.30 Uhr wandere ich weiter zum Dublinia-Museum,
das in den Nachbargebaeuden der Christchurch untergebracht ist.
Der Rundgang ist vielseitig und die
verschiedenen Angebote nehmen viel Zeit in Anspruch. Bis auf die
Multimediaschau im großen Saal gefällt es mir sehr gut. Im
Eintritt ist der Besuch der Christ-Church-Kathedrale inbegriffen.
Hier bleibe ich aber nur 15 Minuten, denn um Punkt 14.30 beginnt
im ,Irish Whiskey-Corner" eine Führung durch die alte
Jameson-Produktionsstaette.
Die Führung entpuppt sich dann als
eintrittspflichtiger 3-Minuten-Vortrag über irischen Whiskey mit
anschließendem Werbefilm der Firma ,Pernot-Ricard", zu der
alle großen irischen Marken gehören. Es gibt noch den
obligatorischen Probeschluck und einen Andenkenverkauf, nach 50
Minuten bin ich wieder draußen - enttäuschend.
Den weiteren Nachmittag nutze ich zum Einkaufen
von CDs und Videos. Gegen 18 Uhr gehts zurück zur
Unterkunft. Um 20 Uhr bin ich seit Kilarney im Café Kylemore
verabredet mit zwei jungen Damen aus Frankenberg, deren Rückflug
schon morgen geht. Mal sehen, ob sie das Café finden... Um kurz
nach acht gibt es das erwartete Wiedersehen-Hallo. Wir verbringen
gemeinsam den Abend.
Freitag, 30.Mai:
Nach dem Frühstück im Café Kylemore packe
ich im Hostel meine Siebensachen und radele aus dem Stadtzentrum.
Ich habe mich per Handy bei der netten Dame eingemietet, die am
30. April abends so lange auf mich warten musste. Um 11 Uhr bin
ich dort. Das Zimmer ist noch nicht fertig, ich lasse das Gepäck
im Flur und das Fahrrad im Garten zurück, dann fahre ich mit dem
Bus zurück in die Stadt.
Heute habe ich mir den Bereich um die Grafton
Street und das Trinity College vorgenommen. Gegen 14 Uhr habe ich
viel zu viele CDs, Bücher, Videos und 3 Poster gekauft. Ich
schlendere durch den Stephen`s Green Park. Es geht hinüber in
das Botschafts- und Regierungsviertel. Direkt neben dem Leinster-House, dem Parlamentsgebäude, liegt das Nationalmuseum.
Nach gut 40 Minuten bin ich wieder draußen. Die Präsentation
der kulturgeschichtlichen Exponate hat mir gar nicht gefallen.
Ich komme zum Trinity-College. In der Mensa
nehme ich mir 2 Sandwiches und nen Kaffee zum Studentenpreis. In
der Nachmittagssonne sitze ich dann draußen vor der alten
Bibliothek, in der im großen Lesesaal das ,Book Of Kells",
eine mittelalterliche handillustrierte Bibel, ausgestellt ist.
Aufgrund des Horroreintrittspreises bleibe ich draußen, war ja
auch 1990 schon mal drin.
Freitags ist Filmwechsel in Dublin`s Kinos. Auf
der Tour vor zwei Jahren haben wir den Jack Lemmon/Walter
Matthau-Film ,Grumpy Old Man" hier in Dublin gesehen. Um 18
Uhr sitze ich nun im selben Kino und schaue die heute gestartete
Fortsetzung. Mir gefällt`s.
Als ich das Kino verlasse, bin ich euphorisch
und traurig zugleich, meine Reise geht zu Ende. Das Wetter ist es
auch: Während die Abendsonne alles in ein rotes Licht taucht,
fallen von irgendwoher dicke Regentropfen und Hagelkörner vom
Himmel. 3 Minuten später ist das Unwetter vorbei.
Ich esse in einem der vielen Hamburger-Läden,
dann mache ich mich zu Fuß auf den Weg zu meiner Unterkunft.
Unterwegs kaufe ich noch schnell ein paar Döschen Guinness ein.
Nein- in einen Pub will ich heute Abend nicht mehr. Gegen 22 Uhr
bin ich zurück und lasse den Tag ausklingen. Wie auf der Hinreise muss das Gepäck möglichst komprimiert verpackt werden.
Samstag, 1. Juni 1996
Kurz vor sieben werde ich wach und stehe auf.
Während ich meine letzten Gepäckstücke in die Taschen
quetsche, höre ich die Gastgeberin in der Küche hantieren. Die
gute Frau hat viel zu erdulden bei mir. Iren sind eigentlich
Langschläfer. Viertel nach sieben klingelt das Handy -. der
abgesprochene Weckanruf - sicher ist sicher.
Kurz vor halb acht schleppe ich meine Taschen
zur Wohnungstür, dann gehe ich frühstücken. So ein gehetztes
irisches Frühstück macht keinen Spaß, aber es geht nicht
anders, um 10 startet der Flieger, gegen halb neun muss ich am
Flughafen sein. Kurz vor acht ist das Fahrrad beladen. Ich
verabschiede mich herzlich. Die Adresse werde ich mir merken.
Die Straßen sind noch leer an diesem
Samstagmorgen. Ich habe mir auf einem Stadtplan die kürzeste
erlaubte Strecke gesucht, denn die Autobahn darf ich nicht
nehmen. Nach 6 km kreuze ich die Landebahn, nach 7km bin ich am
Flughafen. Am Schalter von Air Lingus gibt es dann erst mal
Hektik.
Die Dame muss erst mal wieder überzeugt werde, dass die Fahrradmitnahme schon bezahlt ist, dann geht sie los und
holt eine Riesentüte, in die ich mein Fahrrad einpacken soll. So
krame ich denn das Werkzeug aus, schraube die Pedalen ab, setz
den Sattel und den Lenker tiefer und muss schließlich auch noch
die Lenkerhörnchen demontieren.
Da die Tüte immer noch nicht über den
quergestellten Mountainbikelenker passt, schneide ich die Tüte
ein wenig auf. Dann packe ich das Rad auf einen Gepäckwagen.
Jetzt hab ich Zeit. Irgendwann gehe ich durch
den Sicherheitscheck und durchquere den langgezogenen Duty-Free-Bereich. Der angezeigte Flugsteig ist janz weit
draußen. Als ich dort ankomme, kann ich vom Warteraum aus beim
Beladen der Maschine zusehen. Mein verpacktes Fahrrad lehnt
bereits am Gepäckband.
Wir werden zur Maschine geführt und starten
mit 20minuetiger Verspätung. Das Wetter ist gut und wir haben
meistens Bodensicht. Gegen 13 Uhr deutscher Zeit sind wir in
Düsseldorf. Ein Bus fährt uns durch das Gelände zum
Gepäckausgabezelt. Mein Fahrrad kommt zuletzt. Der Zoll
kontrolliert irgendwelche Leute mit Koffer. Ich hab `nen Liter
Tullamore Dew zuviel im Gepäck...
Draußen begrüßt mich mein Freund Meinolf.
Wir beschließen, dass er mein Auto aus dem Parkhaus holt und ich
inzwischen einen Platz zum Einladen suche. Beim Umradeln des
Parkhauses fahre ich wie immer links... Zum Glück merkt es
keiner, es ist ne Einbahnstraße. Als ich am Steuer meines Wagens
sitze, klappt das mit der Straßenseite schon besser. Die ersten
90km sind Einbahnstraßen und Autobahn...
In Menden muss ich noch einkaufen. Meinolf
fragt, ob ich überhaupt deutsches Geld dabei habe. Gute Frage -
Im Geldgürtel finde ich noch einen versteckten Hunderter. Gegen
15 Uhr bin ich nach 32 Tagen wieder zu hause.
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