Wieder einmal beginnt meine Fahrradtour an einem kalten Maimorgen in
Hull, an der englischen Nordseeküste. Über Beverley und Market-Weighton radel ich zügig
in die mittelalterliche Stadt York.
Zwei Dinge habe ich mir hier vorgenommen: zum einen den Besuch des
nationalen Eisenbahnmuseums, zum anderen die Besichtigung des Wikingermuseums.
Am nächsten Mittag breche ich wieder auf gen Norden. Nächstes Ziel ist
Castle Howard, ein Herrschaftshaus mit einem wunderschönen Schloßpark.
Nach der
Übernachtung in Helmsley steht mir die längste Etappe meiner diesjährigen Tour bevor.
Am Vormittag durchquere ich den mit Hochmooren übersäten
Nord-York-Moors-Nationalpark".
Bei Stockton überquere ich mittags den Tees-Fluß. Nun geht es gen
Nordwest ins Bergland. Nach 118 km erreiche ich am Abend Edmundbuyers. Die kleine
Jugendherberge ist ein 300 Jahre alter ehemaliger Landgasthof.
Am nächsten Morgen geht es erstmal hinunter ins Tynetal.
Hexham ist
eine alte Römerstadt am Hadrianswall, der alten Grenzbefestigung der Römer gegen die
wilden Völker aus dem Norden. Nachmittags radel ich auf der Trasse des Walls nach
Greenhead.
Nun bin ich im englisch-schottischen Grenzgebiet. Am Mittag des 5.
Reisetages überquere ich den unscheinbaren Grenzfluß nach Schottland. Über Langholm
erreiche ich Lockerbie, wo 1988 der Jumbojet abgestürzt ist. In Dumfries mache ich
Station, bevor ich durch die malerische Landschaft der Grafschaft Galloway in Richtung Ayr
weiterradel.
Ayr ist ein kleiner Badeort an der Bucht vor Glasgow. Einige Kilometer
nördlich nehme ich von Ardrossan aus die Fähre zur Arran-Insel.
Arran nennt man auch Schottland in Miniatur, da hier fast alle
Landschaftsformen Schottlands vorkommen.
In 2 Tagen umrunde ich die Insel, dann bringt
mich eine kleine Fähre von Lochranza zur Kintyre-Halbinsel. Es ist der V-Day, der 50.
Jahrestag des Kriegsendes, und in jedem kleinen Ort finden Feste und Veranstaltungen
statt.
Mein Weg führt nun wieder Richtung Glasgow. Über Inveraray erreiche
ich die Jugendherberge Ardgartan, den Treffpunkt mit meinem Freund aus Itzehoe, der über
Newcastle und Glasgow per Schiff und Bahn anreist. Da ich einen Tag zu früh da bin, radel
ich ihm am nächsten Morgen entgegen. Gegen Mittag treffen wir auf der Uferstraße am Loch
Lomond zusammen.
Am nächsten Morgen starten wir nun gemeinsam in die Highlands. Zuerst
entlang des Loch Lomond, dann wird die Straße bald steiler. Über Crianlarich erreichen
wir am frühen Nachmittag Tyndrum. Hier zweigt eine der schönsten Gebirgsstrecken des
Hochlands ab. Die Straße führt hinauf zum Rannoch Moor, einem buntschillernden Hochmoor,
eingesäumt von hohen Bergen, auf denen noch der Schnee des vergangenen Winters liegt.
Immer wieder sehen wir Regenwolken, die sich nur wenige Meter entfernt
abregnen, doch wir bekommen nur wenige Tropfen ab. Es ist bitterkalt. Dann geht es auf
einer langen Gefällstrecke wieder hinab auf Meereshöhe, in das Tal von Glencoe. Am
nächsten Tag radeln wir zügig am Meer entlang nach Fort William, da wir noch den
höchsten Berg Großbritanniens erklimmen wollen. Der Ben Nevis ist 1346 m hoch. Bei 800
Meter Höhe kehren wir aber nach 2stündigem Aufstieg mit Sonne, Hagel- und Schneeschauern
wieder um. Zu kalt und zu gefährlich.
Von Fort William aus unternehmen wir einen Tag später eine
Eisenbahnfahrt über das Rannoch-Moor nach Crianlarich und zurück. Als wir gegen 17 Uhr
wieder losradeln, wird das Wetter schlechter. Kurz darauf setzt Regen ein. Völlig
durchnäßt versuchen wir auf der einsamen Strecke nach Mallaig eine Unterkunft zu finden.
Es wird 22.30 Uhr bis wir bei Arisaig fündig werden. Von Mallaig aus nehmen wir die
Fähre auf die Insel der Winde, die Isle of Skye".
Malerisch ist die Landschaft, wechselhaft das Wetter! Sonne, Regen,
Schnee und Hagelschauer, dazu eine empfindliche Kälte. Wir überqueren die Insel von
Kyleakin über Portree nach Uig. Da unsere Fähre zu den äußeren Hebriden am nächsten
Tag erst um 18 Uhr abfährt, machen wir bei strahlendem Sonnenschein eine Entdeckungsreise
um die Nordspitze der Insel.
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Die Insel Harris und Lewis ist landschaftlich so verschieden, daß ihre
Bewohner ihr zwei Namen gaben. Der zerklüftete, einer mit kleinen Seen und Felsen
bedeckten Mondlandschaft gleichende Südteil ist über eine in die Felsen gesprengte
einspurige Straße mit dem fast tellerflachen, von Mooren überdeckten Nordteil verbunden.
Wir erkunden zuerst den felsigen Süden, dann geht es zur Hauptstadt der
Insel, Stornoway auf Lewis. Von Stornaway aus besuchen wir die steinzeitlichen
Überbleibsel auf der Nordinsel. Die stehenden Steine von Callanish sind kulturhistorisch
mit Stonehenge in Südengland vergleichbar, und wie ich aus eigener Erfahrung weiß,
mindestens genauso schön. Der Dun Carloway Broch ist eine steinzeitliche Trutzburg. Wir
radeln an der Atlantikküste entlang, bevor wir nach dem Besuch des Black-House-Museums
zurückradeln nach Stornoway.
Der nächste Tag bringt die mit Abstand kürzeste Etappe für uns: 1 km
von der Jugendherberge zum Hafen in Stornoway, 400 Meter vom Hafen Ullapool zur
Jugendherberge. Wir sind wieder auf dem schottischen Festland. In den nächsten vier Tagen
werden wir die gesamte restliche West- und Nordküste Schottlands erradeln. Durch den
Inverpolly Nationalpark geht es nach Lochinver, am schönsten Loch Schottlands, dem Loch
Assynt vorbei, nach der Überquerung eines steilen Passes dann nach Kylesku.
Mit einem kleinen Motorschiff machen wir eine Exkursion zu Seehundfelsen
und dem höchsten Wasserfall der britischen Inseln. Wir erreichen Durness an der
Nordküste. Die Jugendherberge ist direkt neben der begehbaren Smoo-Höhle",.
Über Tongue und Thurso folgen wir der Nordküste bis John ò Groats. Von hier bringt uns
eine Personenfähre nach Orkney.
Diese Inselgruppe besteht aus mehr als 60 kleinen Inseln, von denen die
größten im 2. Weltkrieg durch Dämme verbunden wurden. In Kirkwall, dem Hauptort,
besichtigen wir eine Whiskybrennerei und die gewaltige Magnuskathedrale.
Am nächsten Tag stehen die kulturhistorischen Stätten der Insel auf
dem Programm: Rennebister, Maes Howe Ganggrab, die stehenden Steine von Stenness und der
Steinkreis von Brodgar, die Steinzeitsiedlung Skara Brae und der Gurness Broch. Unser Weg
führt uns weiter nach Stromness zum dortigen Folk-Festival, bevor wir die Nachtfähre
nach Aberdeen betreten.
Am nächsten Morgen erreichen wir Aberdeen. Wir nutzen den Tag für
Einkäufe und Museumsbesuche, abends besuchen wir ein Musical.
Nun folgen wir dem Dee-Fluß. Über Banchory und Ballater erreichen wir
den Sommersitz der Königsfamilie, Balmoral Castle. In Braemar finden im September die
berühmten Hochlandspiele statt. Es geht weiter über den höchsten Pass der britischen
Inseln.- Devil`s Elbow liegt immerhin 660 Meter hoch. Die Straße geht relativ flach
bergan, Schieben ist nicht nötig.
In Pitlochry steht ein Besuch der kleinsten Whiskybrennerei Schottlands
und der Fischleiter am Faskaly-Staudamm an. Hinter Dunkeld verlassen wir das Hochland.
Perth ist eine hektische Stadt in den Lowlands. Die Nebenstrecke nach
Edinburgh führt nun immer parallel zur Autobahn. Kurz vor Edinburgh müssen wir auf diese
Hauptverkehrsstraße wechseln.
Es gibt nur die eine Hochbrücke über den Firth Of Forth, diese hat
dann zum Glück aber einen Radweg. Nach Edinburgh hinein geht es dann wieder auf der
Hauptstraße. In Edinburgh nutzen wir unseren letzten Urlaubstag für Besichtigungen und
Einkäufe. Per Eisenbahn geht es dann nach Newcastle und von dort mit der Fähre nach
Hamburg.
Meine Tour hat 37 Tage gedauert, ich habe 2280 km per Fahrrad
zurückgelegt und dabei 28800 Höhenmeter radelnd und schiebend überwunden. Nennenswerte
Pannen gab es kaum, ein paar Einstellarbeiten, nach 1600 km hatte der schottische
Rubbelasphalt einen Hinterreifen geschafft.
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