Dies ist Dokumentation einer
5-wöchigen Fahrradtour quer durch Großbritannien, von Penzance in
Südwest- England nach Stromness auf Orkney, Nordost-Schottland.
1. Tag, Samstag, 20.05.2000
(Tagesetappe 19km, Gesamtstrecke 19km)
Es ist 2:40 Uhr morgens, als ich mein Zuhause verlasse. Ohne eine Minute
Schlaf, habe ich noch bis zur letzten Minute organisiert und gepackt, denn ich
werde 5 Wochen unterwegs sein.
Um 3 Uhr hole ich in Iserlohn meinen Fahrer ab, der auch das Steuer übernimmt.
Es geht via Unna, Kamen, Oberhausen, Arnheim, Utrecht nach Hook van Holland bei
Rotterdam. Es ist genau 6 Uhr, als wir ankommen.
Beim Ausladen stelle ich fest, dass durch das Verkannten beim Einpacken eine
Strebe des Sattels gebrochen ist. Der Schaden wird provisorisch repariert. Dass
dann beim Nachpumpen die Luftpumpe zerbröselt ist da schon beinahe
ärgerlicher. Um 6:30 Uhr radel ich zum Check-In, bei den ersten Radlern in der
Schlange, 2 Niederländern mit Tandem, leihe ich mir deren Luftpumpe und bringe
den Luftdruck in Ordnung.
Die STENA-Fähre ist ein Katamaran und braucht nur knapp 3,5 Stunden für die
Strecke nach Harwich. Ich suche mir einen Fensterplatz. Die Zeit bis zur Ankunft
verbringe ich zwar nicht schlafend, aber doch einigermaßen ruhend.
Punkt 10 Uhr britischer Zeit sind wir in Harwich. Nachdem ich unbehelligt
durch die Kontrollen gekommen bin, beschließe ich, zuerst mal nach Harwich
hineinzufahren und einen Fahrradladen zu konsultieren. Ich kaufe einen neuen
Sattel und eine Luftpumpe, dann radel ich zum Bahnhof. Der Bahnbedienstete dort
macht meinen Britrail-Pass scharf und informiert mich, dass mein Fahrrad bis
London gratis mitfährt. Um 11:20 kommt der Uralt-Triebwagenzug nach Manningtree,
wo ich umsteigen muss. Da der Zug nach London keinen Gepäckwagen hat, verbringe
ich diese Fahrt im Gang stehend. Um
12:25 sind wir an der Liverpool Street Station.
Ich orientiere mich. Zuerst einmal folge ich einem anderen Radfahrer zum
versteckten Nebenausgang. Glück gehabt, die Rolltreppen am Hauptausgang sind
umschifft. Nur: Wo bin ich jetzt. Ich orientiere mich mit dem fotokopierten
Stadtplan und nehme meine Fährte auf. Knapp 9 km muss ich mitten durch die City
zur Paddington Station, die in der Nähe des Hyde Park liegt.
Ein paar Mal muss ich von der geplanten Strecke abweichen, da sie sich als
Einbahnstrasse entpuppt. Die Uhr rennt mit, obwohl ich mir so wenig Stress wie
möglich im dichten Verkehr mitten zwischen Bussen, Taxis und Fußgängern
mache. Um 13:35 fährt der nächste Zug, der übernächste erst um 15:35...
Oxford Street - Haupteinkaufsstrasse. Gegen blinde Fußgänger hilft nur
Brüllen. Die Busfahrer fahren halbwegs vernünftig.
Marble Arch, noch knapp 14 Minuten. Ich durchfahre einen etwas ruhigeren
Stadtteil, dann kann ich den Bahnhof sehen. Noch 10 Minuten, ich radel einfach
mal entgegen der Einbahnstrasse. Im Bahnhof. Noch 8 Minuten. Fahrkartenschalter.
Zum Glück keine Schlange. 1 Ticket, 1 Pfund. Gepäckwagen am Zuganfang. Gleis
14. So ein Zug ist ganz schön lang. Aber der Schaffner hat mich gesehen. 13:32.
Gepäckwagen. Fahrrad festzurren. Handgepäck. Ab in den nächsten Wagen.
Geschafft!
Der Zug ist recht voll und fast alle Plätze reserviert. Meine eigene
Sitzplatzreservierung ist 5 Wagen zurück... Nix da. Ich bleib' hier und nehme
irgendeinen noch nicht besetzten Fensterplatz mit Tisch. Kurz nachdem der Zug
abgefahren ist, packe ich erst mal die Verpflegung aus, dann schlafe ich etwas.
Als wir Plymouth gegen 17 Uhr erreicht haben, telefoniere ich kurz mit Stefan.
Lucky geht's gut und Bayern München ist Deutscher Fußballmeister. Nun hält
der Zug an jeder Milchkanne und leert sich zusehend.
Um 19:00 Uhr sind wir in Penzance in Cornwall. Gemeinsam mit 2 anderen Deutschen
radel ich hinaus zur Jugendherberge. Ich checke ein und bestelle mir ein
Abendessen. Gegen 21:00 Uhr liege ich im Bett und bin kurz darauf eingeschlafen.
Übernachtung: JH Penzance
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2. Tag, Sonntag, 21. Mai 2000
(98,6 km, 117,6 km)
Nach einer erholsamen Nacht stehe ich um 8:00
Uhr auf, dusche, frühstücke britisch und packe meine Sachen. In
der Members-Küche fülle ich meine Wasserflaschen auf. Um 9:40
radel ich los. Sonnenschein.
Zuerst fahre ich hinunter ins Stadtzentrum, dann entlang der Bucht
und hinaus in das
Piratennest "Mousehole". Es folgt ein steiler
Anstieg, weg von der Küste, dann geht es via St. Buryan und
Treveway zum südwestlichsten Punkt des britischen Festlandes, nach
"Land's End", wo ich nach 25 km gegen 12 Uhr eintreffe.
Ich schieße ein paar Fotos, esse zu Mittag, dann geht's weiter.
In St. Just mache ich eine kurze Rast auf der Kirchenmauer, dann
geht es über die hügelige Küstenstrasse nach St. Yves, das ich
gegen 16:00 Uhr erreiche. Ich umrunde den Meereseinschnitt bei
Lelant und kauf mir in Hayle mein Abendessen. Hinter Hayle geht es
wieder zurück zur Klippenküste. In Portreath bin ich gegen 19:00
Uhr und informiere die Jugendherberge über meine voraussichtliche
Ankunftzeit. Nun geht es über Porthtowan und St. Agnes nach
Perranporth.
Kurz nach 21:00 Uhr hab' ich mein Tagesziel erreicht. Ich checke in
einer der schönst gelegenden Jugendherbergen Großbritanniens ein,
trinke ein paar Dosen Bier und gehe gegen Mitternacht ins Bett.
Ü: JH Perranporth
3. Tag, Montag, 22. Mai 2000
(68,3 km, 185,9 km)
Ich frühstücke mit Ilona aus Hanau, die in
Cornwall wandert, in einem Cafe im Dorf. Dann starte ich nach
Newquay.
Newquay ist wie immer total überlaufen, dafür bekomme ich hier
auch die ersten Regentropfen dieses Urlaubs ab. Bald darauf, auf dem
Weg nach St. Columb Major komme ich an einem NATO-Flugplatz vorbei.
Zwei Tornado-Jets starten gerade zum Formationsflug. Der Lärm ist
unbeschreiblich.
Hinter St. Columb Major geht es auf schmalen Strassen, bergauf,
bergab über St. Wenn nach Bodmin, wo ich gegen 17:30 Uhr eintreffe.
Ich beschließe hier ein B&B zu suchen.
Nach mehr als 1-stündigem Abklappern diverser Adressen, stellt sich
heraus, dass hier nichts zu finden ist. Ich rufe die JH Gölant
an.
Nochmal 20 km hügelreiche Strecke liegen nun vor mir, gegen 20:30
Uhr bin ich am Ziel und kriege ein Einzelzimmer.
Ü: JH Golant
4. Tag, Dienstag, 23. Mai 2000
(58,0 km, 243,9 km)
Ein Tag, an dem man keinen Hund vor die Tür
jagen würde.
Es regnet als ich aufstehe. Und auch beim Aufbruch tropft es beständig
vom Himmel. Nach 1 Stunde erreiche ich Lostwithel, nach weiteren 2
Stunden Liskeard, wo ich mich in einem Pub aufwärme. Im Nieselregen
geht es weiter nach Callington, dann nach St. Ann's Chapel. Der
Fluss Tamar bildet die Grenze zur Grafschaft Devon. Wieder gilt es
einen steilen Berg hinaufzuschieben, dann sind es nur noch wenige
Kilometer bis Tavistock am Rand des Dartmoor. Am Ortsanfang wackelt
ein Pedalarm - Vierkant ausgeschlagen. Aber ich finde auf Anhieb ein
B&B. Das Wetter hat sich gebessert, als ich zu Fuß den Ort
erkunde. Abends gönne ich mir ein saftiges Rindersteak.
Ü: B&B Tavistock
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