Großbritannien 2000: 
GB: "Von Land's End in Cornwall zu den Orkney-Inseln/ Nordschottland"

von Dieter Pinell         
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Reisezeit: 20.05.2000 - 24.06.2000
Verkehrsmittel:
Hercules Tourenfahrrad mit Reiseausstattung

Dies ist Dokumentation einer 5-wöchigen Fahrradtour quer durch Großbritannien, von Penzance in Südwest- England nach Stromness auf Orkney, Nordost-Schottland.

Teil 3:

13. Tag, Donnerstag, 01.06.2000

(60,2 km, 883,2 km)

Als ich morgens starten will, ist das Hinterrad platt. Ich pumpe nach, doch nach 5 km ist erneut der Druck weg. Da es in Strömen regnet, verziehe ich mich in eine Lagerhalle am Wege, nehme das Gepäck ab, baue das Rad ab und ziehe einen neuen Schlauch ein. Der alte Schlauch ist durch Reibung an einem der Speichenenden beschädigt worden. Über das Speichengummi klebe ich an der Stelle eine Lage Isolierband. Alles wird wieder zusammengebaut, dann geht's weiter.
Zum Glück hat der Regen aufgehört, als ich parallel zur Llangollen-Schmalspur-Eisenbahnstrecke fahre. Irgendwann kommt ein schöner alter Dampfzug vorbei. Von Llangollen aus radel ich entlang des Kanals hinaus aus dem Bergland nach Osten, dann ab Ruabon nach Wrexham.
Da Wrexham die Partnerstadt von Menden ist, nehme ich mir hier etwas mehr Zeit, die Stadt anzuschauen und im Rathaus vorzusprechen. Im Rathaus ist man uninteressiert, also fahre ich irgendwann weiter, verlasse Wales und komme am späten Nachmittag nach Chester. Die JH liegt am südlichen Ortsrand.
In der JH steht jetzt erst mal die Nutzung der Waschmaschine und des Trockners an, dann geht es am Abend zu Fuss in die mittelalterliche Stadt. Ich schaue mich um, wandere auf der Stadtmauer und begebe mich dann in einen Pub. Dann lass ich mich erneut durch die Strassen treiben, bleibe bis zum "Last Order" in einem weiteren Pub und wandere zurück zur JH. Obwohl es fast Mitternacht ist, ist es noch sehr hell. Langsam macht es sich bemerkbar, dass die Reise nach Norden führt und sich der Mitsommernacht nähert.  

Ü: JH Chester

14. Tag, Freitag, 02.06.2000

(32,2 km, 915,4 km)

Es regnet heute nicht. Nein, es schüttet wie aus Kübeln. Zum Glück habe ich heute nur eine kurze und flache Etappe bis Birkenhead, die ich in einem Rutsch durchziehe. Um 11:30 Uhr erwische ich so gerade noch die stündliche Mersey-Fähre in Birkenhead und bin um 12 Uhr in Liverpool.
In der JH muss ich zwar nach dem Einchecken noch bis 13:30 Uhr warten, bis ich mein Bett übernehmen darf, kann aber in der Zwischenzeit schon duschen und trockene Kleidung anziehen. Gegen 14:00 Uhr starte ich, die Stadt zu erkunden. Ich besichtige im Regen die beiden Kathedralen, dann besorge ich eine Musicalkarte für den Abend, erkunde die Haupteinkaufsstrasse und besichtige zum Schluss das zum Kultur- und Kneipenzentrum umgebaute Albert-Dock.
In der wenige Meter entfernten JH schaue ich kurz vorbei, dann eile ich zum Theater in dem heute abend das Musical "Elvis" gegeben wird. Das Musical erzählt die Lebensgeschichte des King und ist eine Collage aus vielen seiner bekannten Lieder. Es war nicht schlecht, aber auch nicht so herausragend. Nach Ende des Musicals gehe ich noch auf ein Guinness in einen Pub und bin gegen Mitternacht in meinem Bett.   

Ü: JH Liverpool

15. Tag, Samstag: 03.06.2000

(65,5 km, 980,9 km)

Der Himmel ist grau, aber es ist trocken. Ich fahre nordwestlich, der Küste folgend aus der Stadt. Auf den ersten 10 km reiht sich Vorort an Vorort, nur unterbrochen von Hafenanlagen und Industriegebieten, dann wird die Landschaft ansehnlicher. Obwohl ich parallel zur Küste fahre, ist vom Meer nichts zu sehen. Bei Hightown verfahre ich mich auf ‚ner Nebenstrecke, hinter Formby fahre ich dann in die Dünenlandschaft Richtung Southport. Southport entpuppt sich als unscheinbares, ödes Seebad mit gammeligem Vergnügungspark am Strand. In der Ferne ist der 160m hohe Turm von Blackpool zu sehen – mein Tagesziel.
Von Southport aus ist es erstmal gut 30 km nach Osten landeinwärts bis Preston, das ich gegen 15:30 Uhr erreiche. In Preston beginnt es zu regnen. Kalter Regen.
Statt um 17 Uhr die restlichen 40 km nach Blackpool aufzunehmen, beschliesse ich, Blackpool komplett zu streichen und ein B&B zu suchen. Das Zimmer in dem vermittelten B&B ist ok, als ich abends in die City gehe, regnet es immer noch in Strömen. Die Stadt aber ist trotzdem voller junger Leute, die hier die Samstagnacht durchmachen wollen. Erstmals erlebe ich auch wieder, dass die Pubs von Türstehern beaufsichtigt werden.   

Ü: B&B Preston

16. Tag, Sonntag, 04.06.2000

(83,7 km, 1064,6 km)

Der Himmel ist heute wieder meistens dunkelgrau, aber es bleibt trocken. Die Strecke bis Lancaster ist flach und daher zügig zu durchfahren. Ich radel nach Westen. Morecombe ist ein nett anzuschauendes Seebad. Nun folge ich der Hauptstraße bis Cainforth und biege dann wieder auf eine Nebenstrecke ab. Zuerst geht es entlang der Küste über Silverdale und Storth nach Leasgill, dann muss ich auf die 4-spurige Bundesstrasse wechseln, die mich direkt nach Kendal bringt.

In der JH ist nicht viel los und ich lasse den Abend am Flussufer ausklingen.  

Ü: JH Kendal

17. Tag, Montag, 05.06.2000

(82,4 km, 1147,0 km)

Das Wetter ist gut und ich verlasse Kendal nach Nordosten. Zuerst geht es bergauf, doch dann, nach 16 km kommt eine lange Abfahrt hinab in das Tal, das die Bundesstrasse sich mit der Autobahn, dem Fluss und der Eisenbahnstrecke teilt.
Ab Tebay steigt die Strecke wieder an und hinter Orton geht es hinauf auf die Hochebene. Erneut kreuze ich die Autobahn, die hier ihre höchste Stelle erreicht, dann  stoße ich kurz vor Shap wieder auf die Bundesstrasse. Die nächsten 20 km führen fast nur bergab, so dass ich bald darauf Penrith erreiche. 
Mangels sinnvoller Alternative bleibe ich auf der Bundesstrasse, die jedoch wegen der parallel führenden Autobahn nicht sonderlich stark befahren ist. Am späten Nachmittag bin ich in Carlisle und steuere ein B&B an. Abends erkunde ich ein wenig die Stadt, die aber außer einer alten Burg nicht viel zu bieten hat.

Ü: B&B Carlisle

18. Tag, Dienstag, 06.06.2000

(71,8 km, 1218,8 km)

Im strömenden Regen suche ich den Weg nach Norden. Ich folge der Bundesstrasse bis Longtown, wo ich nach Westen abbiege. 30 Minuten später stehe ich an der Grenze zu Schottland. Ich erreiche die alte Schmiede von „Gretna Green“.
Das Areal ist eine Touristenfalle erster Güte, aber zumindest kann ich mich im dortigen Restaurant wieder aufwärmen, denn bisher hat es nur geregnet.
Kurz nachdem ich Gretna gen Annan verlassen habe, hört der Regen auf und bald darauf zeigt sich sogar kurz die Sonne. Entlang der Küste radel ich zum Caerlaverock Castle und dann nach Dumfries, wo ich gegen 16 Uhr eintreffe.
Um 17 Uhr suche ich mir ein B&B und habe Glück. Das Zimmer ist klein, aber dier Service und die Vermieter sind toll. Ich bin in Feierstimmung In einem mir schon von 2 vorherigen Besuchen bekannten Pub gönne ich mir ein riesiges Steak, dann ziehe ich weiter durch die Stadt. Das „Loch in der Wand“ entpuppt sich auch diesmal wieder als Pub, in dem zuerst 2 Schotten Livemusik darbieten. Gegen 22:30 Uhr wechselt man über zur Karaoke-Show. Es ist genial...

Um Mitternacht habe ich meinen 40. Geburtstag. Gegen 1:00 Uhr ziehe ich zurück zu meiner Unterkunft.  

Ü: B&B Dumfries

19. Tag, Mittwoch, 07.06.2000

(106,3 km, 1325,1 km)

Das Frühstück ist einfach super. Ich probiere Haggis, aber mein Geschmack ist es nicht. Als ich mich von den Vermietern verabschiede, verrate ich ihnen, dass ich heute Geburtstag habe.
Ich radel los. Am Ortsrand treffe ich auf einen Schotten, der mit seinem Rad den selben Weg einschlägt. Nach etwa 1 Stunde trennen sich unsere Wege. Bis Mittag scheint die Sonne, dann ziehen Wolken auf. Nun wird meine Reise ein paar mal unterbrochen. Per Mobiltelefon gratulieren Freunde und Kollegen, einige SMS kommen an. In St. John’s Town wähle ich diesmal die Nebenstrecke, aber das beständige Auf- und Ab kostet viel Zeit.
Ab Carsphairn geht es nur noch bergan, dann habe ich den höchsten Punkt erreicht und bis Dalmellington kann ich rollen lassen.  Bis Hollybush bleibt es flach, dann sind auf dem Wege nach Ayr noch mal ein paar Hügel zu überwinden. Am frühen Abend erreiche ich die direkt am Strand gelegene burgähnliche JH von Ayr. Ich checke ein, und, da es die erste JH in Schottland ist, mache hier ein paar wichtige Reservierungen für die Jugendherbergen in Oban und Edinburgh, auf Arran, Islay und Orkney.
Dann geht es im strömenden Regen in die Stadt. Statt Fish&Chips mit Sonnenuntergang am Strand endet der Abend in einem Pub.   

Ü: JH Ayr

20. Tag, Donnerstag, 08.06.2000

(70,2 km, 1395,3 km)

Es regnet immer noch, aber ich habe Rückenwind. Über Prestwick vorbei am Flughafen, Troon, Irvine, Kilwinning und Saltcoats fahre ich ohne Pause die 42 km nach Ardrossan und bin 20 Minuten vor Abfahrt der Fähre am Anleger. Ich kaufe eine Fahrkarte nach Brodick und eine 8-tägige Netzkarte, das Island-Rover-Ticket, die ab morgen gültig ist, dann geht es an Bord.
Während der 1-stündigen Überfahrt plausche ich mit einem schottischen Radfahrer und esse zu Mittag. In Brodick hat der Regen aufgehört und ich buche ein B&B für Lochboisdale am Montag, dann geht es auf der Küstenstrasse nach Norden. Nach 8 km wendet sich die Strasse von der Küste ab und es geht ins Gebirge. Arran ist Schottland in Miniatur. Ein Wildbach rauscht neben der Strasse und an den Berghängen sieht man einige Wasserfälle.
Bei der Abfahrt nach Lochranza komme ich an der neuen Arran Destillerie vorbei. Es ist schon spät, daher soll es heute keine Führung mehr geben. Während ich mich im Shop umsehe, kommen aber noch 5 Urlauber, so dass sie dann doch noch kurzfristig eine Führung mit uns machen. Nachdem ich mich in der JH wieder frischgemacht habe, nehme ich mein Rad und radel in das 5 km weiter an der Westküste liegende Dorf Catacol, da man um dortigen Hotel gut essen kann. Die Kintyre-Halbinsel liegt zum Greifen nahe. Zwischen den beiden Orten passiere ich einen Platz, an dem die BBC gerade einen 2.Weltkriegsfilm dreht.   

Ü: JH Lochranza

21. Tag, Freitag, 09.06.2000

(40,2 km, 1435,5 km)

Nach dem Frühstück radel ich zum Fähranleger und lerne einen Schotten kennen, der heute früh von Ardrossan mit der ersten Fähre herübergekommen ist und bereits die halbe Arran-Insel überquert hat. Die Überfahrt zum Anleger Claonaig auf Kintyre dauert nur 30 Minuten. Nun habe ich fast 90 Minuten Zeit um die Fähre im 9 km entfernten Kennacraig zu erreichen. Nach 10 Minuten habe ich eine Reifenpanne hinten. Der Schlauchwechsel dauert knapp 15 Minuten.
Es geht nun 100 Höhenmeter hinauf, aber ich bin noch im Zeitplan. Bei der Abfahrt bricht mal wieder eine Speiche, außerdem ist da ein neues Geräusch, das ich als Radlager vorn orte.
Ich erreiche die Fähre und treffe auch den Schotten wieder, der sich hier mit ein paar Freunden trifft.
Die Überfahrt nach Port Askaig dauert 2,5 Stunden. In Port Askaig ist mein Vorderrad platt und ich repariere die Speiche. Das Geräusch vom Vorderrad ist immer noch da. Ich fahre nach Caol Ila, die 1. der 8 Whisky-Brennereien von Islay. Den Abstecher nach Bunnahabhain muss ich streichen. Es ist spät geworden und das Fahrrad ist nicht in Ordnung.
Es geht quer über die Insel nach Bridgend, dann entlang der Bucht nach Port Charlotte. Auf dem Weg liegt Brennerei Nr. 3. Bruichladdich, die aber z. Zt. stillgelegt ist. Port Charlotte entpuppt sich als kleiner gemütlicher Ort mit 2 netten Pubs. Die JH ist in einem Warehouse der ehemaligen Destillerie untergebracht.  

Ü: JH Port Charlotte / Islay

22. Tag, Samstag, 10.06.2000

(38,2 km, 1473,7 km)

Die Sonne scheint. Mit meinem quietschendem Vorderrad erreiche ich Bowmore, den Hauptort der Insel. Ich lasse die Vorderachse nachschmieren, das Geräusch ist weg. Während mein Fahrrad zur Reparatur ist, besichtige ich die Bowmore-Destillerie und den Ort. Am Nachmittag kommt starker Wind von Süden auf und es ziehen dunkle Wolken heran. Mit dem Gegenwind komme ich kaum noch voran. Kurz bevor ich meine gebuchte Unterkunft in Kintra erreiche, fängt es an zu regnen. Mein geplanter Ausflug nach Lagavulin, Laphroig und Ardbeg wird gestrichen. Auf den letzten Kilometern spüre ich einen deutlichen Widerstand beim Trampeln....     

Ü: Hostel Kintra / Islay

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Zuletzt geändert:  07. Januar 2002
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